Grandiose Aussicht aus dem Mao's

Phnom Penh ist eine Stadt der Extreme

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Aus dem Mao’s im ersten Stock eines alten französischen Kolonialhauses ist die Aussicht auf Phnom Penh grandios. Entlang der Uferpromenade Sisowath Quay am Zusammenfluss von Tonle Sap und Mekong flanieren Kambodschaner und Touristen, gibt es Restaurants, Cafés und Bars. Direkt vor dem Treppenaufgang zum Mao’s lädt der neue Nachtmarkt zum Shoppen ein. Der ist vielleicht der einzige Ort des vielfältigen Nachtlebens der kambodschanischen Hauptstadt, an dem Khmer, Touristen und die hier lebenden Mitarbeiter von UNO, Entwicklungshilfeorganisationen, Botschaften und internationalen Unternehmen zusammenkommen.

Das Mao’s hat sich schnell einen Topplatz im vielfältigen Nachtleben von Phnom Penh erobert. Was vielleicht an den in kräftigem Rot gehaltenen Wänden liegt. Wer mag, kann hoffnungsvoll oder nostalgisch die Farbe als Verneigung vor China sehen. Oder als Hommage an die jahrtausendealte chinesische Kultur, in der Rot als Farbe des Glücks und des Wohlstands gilt. An den roten Wänden hängen wunderschöne Mao-Bilder. Mao im Mao-Anzug, Mao als Porträt, Mao in Führerpose. Eine ironische Erinnerung an die Zeiten des Kalten Krieges zwischen Ost und West, aber auch an den historischen Wettstreit um die Weltherrschaft zwischen China, der Sowjetunion und den USA ist ein Ensemble aus einem Maobild sowie zwei gerahmten Werbeanzeigen für russischen Wodka der Marke Stolichnaya und amerikanischem Jim Beam Whiskey. Die Preise sind US-Dollar angegeben, Kambodschas offizieller inoffizieller Währung.

Mao Tse Tung hatte sicherlich anderes mit Kambodscha im Sinn denn als Namensgeber einer populären Schänke in Phnom Penh zu enden. China war einer der wichtigsten Unterstützer der Roten Khmer. Für ihre außenpolitischen Ziele – Rückeroberung ehemaliger kambodschanischer Gebiete in Thailand und Vietnam – schlossen die Roten Khmer mit der Volksrepublik einen Vertrag über die Lieferung von Waffen gegen Reis. Das Abkommen war ein Grund, weshalb das Regime von Pol Pot die Kambodschaner zur Zwangsarbeit auf die Reisfelder schickte, auf denen Hunderttausende durch die Strapazen und Hunger umkamen.

Für die Jugend sind das Geschichten von vorgestern. Immerhin liegt das Durchschnittsalter der 14 Millionen Kambodschaner bei jugendlichen 22,9 Jahren, halb soviel wie in Deutschland. Die jungen Khmer wollen Spaß und Party, setzen den I-Like-Haken an Kapitalismus, Smartphone und Lady Gaga. Der Maoismus in Phnom Penh 2011 steht für preiswertes Bier und Livemusik. Nico Mesterharm, dessen Meta House das bekannteste Kulturzentrum Phnom Penhs ist, mag das Mao’s seiner Musik wegen. »Das ist ein guter Laden. Die geben jungen kambodschanischen Bands eine Chance«, sagt der Berliner.

Gleich um die Ecke des Mao’s entsteht das neue Phnom Penh. Hochhäuser schießen in die Höhe, ein moderne Shopping Mall aus Glas und Beton wird gebaut und auf dem jüngst von südkoreanischen und kambodschanischen Investoren zugeschütteten Bang-Kok-See am Rand des Regierungsviertels soll ein Luxusquartier entstehen, für das mehr als 20 000 Menschen aus ihre Siedlungen rund um den verschwundenen See vertrieben wurden.

Phnom Penh ist eben eine Stadt der Extreme. Bittere Armut und Wohlstand, Charme und Chaos bestimmen das Bild, in der Killing Fields und Mao’s Pub ein Spiegel der Geschichte sind.

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