Erhalt und Förderung von Kleingartenanlagen – gut für eine grüne und erholsame Stadt

Kleingartenrecht

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In Berlin bestehen gegenwärtig 932 Kleingartenanlagen mit 74 100 Kleingärten. Sie nehmen etwa 3,5 Prozent der gesamten Stadtfläche ein. Berlin ist also eine grüne Stadt. Denn die Gärten bieten nicht nur Freude und Tätigkeitsfeld für die Kleingärtner – vor allem Familien mit Kindern, ältere Menschen und Geringverdienende –, sondern auch Augenfreude. Sie sind Erholungsorte für alle Bewohner und Gäste. Das ist ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann und muss, weil es sich eben nicht nur um einen »eingeschränkten Nutzerkreis« handelt.

Drei Viertel der Kleingartenfläche befinden sich im Eigentum der Stadt. Für die Verwaltung sind die Bezirksämter verantwortlich. Da sind Begehrlichkeiten, den Grund und Boden betreffend, entstanden. Denn durch den Verkauf für die Bebauung mit teuren Wohnhäusern oder Gewerbeimmobilien soll Geld in das Stadtsäckel kommen. Manche Kleingartenanlage ist schon oder wird von Räumung betroffen. Da wuchert die Stadt auch mit dem Pfunde – nur auf Kosten vieler Bürger. Vereinbarte Schutzfristen bis 2014 beziehungsweise 2020 sind eine gewisse Sicherheit, reichen aber nicht aus. Auch private Bodeneigentümer versuchen auf dem Gerichtsweg, Anlagen zu liquidieren.

u Beispiel Feldtmannsburg

Ein Beispiel für die Verschleppung von Problemen, die letztlich viele teuer zu stehen kommt, ist die Vereinbarung mit dem Kleingärtnerverein Feldtmannsburg an der Grenze der Stadtteile Hohenschönhausen und Weißensee. Dieser Verein ist 1917 als Arbeitergarten des Roten Kreuzes entstanden, um die Hungersnöte des Ersten Weltkrieges abzumindern, strebt also dem 100. Geburtstag zu. Nunmehr war er in Auseinandersetzungen mit dem Bezirksamt Berlin-Lichtenberg verstrickt. Mit EU-Geldern baute dieses auf dem alten Bahnkörper der Niederbarnimer Eisenbahn AG einen Rad- und Wanderweg, der von allen Beteiligten, auch den Kleingärtnern, als »Kleinod in der Landschaft« begrüßt wurde, der aber durch die Anlage Feldtmannsburg führt. Ein solcher Weg ist eine Grünanlage, laut Grünanlagengesetz darf sie also nicht befahren oder überquert werden.

Das aber ist für die Fäkalienentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben von 70 Parzellen einmal wöchentlich an zwei Stellen notwendig. Seit 2007 hatten die Kleingärtner regelmäßig, doch ohne Erfolg, auf die Problematik hingewiesen.

Stattdessen forderte das Bezirksamt, der Kleingartenverein möge aus eigenen Mitteln eine neue Zufahrt mit neuem Tor, Zuwegung und Wendestelle bauen. Die finanzielle Belastung der Kleingärtner würde sich auf 10 000 Euro belaufen. Die Kleingärtner wehrten sich, ihr Widerspruch wurde abgeschmettert. Sie beauftragten Rechtsanwalt Jürgen Naumann, Berlin-Köpenick, mit der anwaltlichen Vertretung. Sie verwiesen darauf, dass das Gesetz begründete Ausnahmen, was das Befahren von Grünflächen betrifft, zulässt.

u Späte gemeinsame Lösung

Aber erst nach langen Debatten wurde nun Mitte Juli eine einvernehmliche Lösung gefunden. In einem Schreiben des zuständigen Bezirksstadtrates Andreas Geisel heißt es: »Da die geltende Rechtslage im Berliner Grünanlagengesetz nur eine befristete Lösung zum weiteren Überqueren des neuen Radweges zulässt, einigten wir uns auf eine weitere Ausnahmegenehmigung zum Überfahren des Radweges mit Fäkalienfahrzeugen bis Ende 2012.« Bis dahin werde das Amt für Umwelt und Natur das entsprechende Tor verbreitern. Anschließend werde der Zugang mit Rasengittersteinen befestigt und vom Bezirksamt mit 3000 Euro finanziell unterstützt. Außerdem werde in Verantwortung des Bezirksamtes eine »provisorische Entwässerungslösung herbeigeführt«. Nach Fertigstellung der Baumaßnahmen erfolge dann die Fäkalienentsorgung aus diesem Teil der Kleingartenanlage nicht mehr durch Überquerung des Radweges.

Die Lösung eines vergleichsweise kleinen Problems wurde allzu lange verschoben. Das größere bleibt die Erhaltung und Sicherung der Kleingärten als bedeutendes sozial- und umweltpolitisches Anliegen im ganzen Lande, als »eine Form der Daseinsvorsorge für Kinder und Enkel«, so Rechtsanwalt Naumann. Es darf nicht zum Spielball von Parteieninteressen und Wahlfängern werden. RBL

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