Die drei Krisen des Dimitris Christofias

Zypern plagen Energie- und Wirtschaftsprobleme. Nun hat die DIKO-Partei die Regierung verlassen

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Energiekrise, eine Regierungskrise – und jetzt auch noch Probleme mit den Finanzen: Zyperns Präsident Dimitris Christofias steht einer der schwersten Bewährungsproben seit seinem Amtsantritt Anfang 2008 gegenüber. Nachdem die bürgerliche Demokratische Partei (DIKO) die Regierungskoalition mit Christofias eurokommunistischer AKEL verlassen hat, stützt sich der Staatschef im Parlament nur noch auf 19 von 56 Abgeordneten.

Die Krise hatte ihren Anfang genommen, als am 11. Juli auf einer Marinebasis in der Republik Zypern rund 100 Container mit beschlagnahmten Waffen detonierten. Die massive Explosion kostete nicht nur 13 Menschen das Leben, sie zerstörte auch ein nahes Elektrizitätswerk, das mehr als die Hälfte des Strombedarfs Zyperns deckte. Die öffentliche Meinung richtete sich schnell gegen die Christofias-Regierung, angeheizt von oppositionellen Medien.

Nach den Rücktritten seiner Außen- und Verteidigungsminister versuchte Präsident Christofias den Befreiungsschlag und löste die Regierung auf. Die Neuordnung des Kabinetts solle einen Neuanfang ermöglichen und die Krise zu bewältigen helfen, hieß es in Nikosia.

Mit dem überraschenden Rückzug der DIKO aus der Regierungskoalition ist die Lage nun aber verfahrener als zuvor. Vieles deutet darauf hin, dass die bürgerlichen Koalitionäre von Christofias' Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL) die Gunst der Stunde nutzten, um mit dem Regierungschef zu brechen. Denn dessen Dialog mit der Verwaltung im türkisch besetzten Norden des Mittelmeerstaates hatte schon lange für Unmut gesorgt. Im vergangenen Jahr zog sich deswegen bereits die linksliberale EDEK aus der Koalition zurück. EDEK, DIKO und andere oppositionelle Gruppen wenden sich gegen den Versuch, mit dem Teilstaat im Norden eine Föderation unter rotierender Präsidentschaft zu gründen. Darauf hatte nicht nur die UNO, sondern auch Brüssel gedrängt, bevor Zypern Mitte 2012 turnusgemäß die EU-Präsidentschaft übernimmt.

Inmitten dieser Krisen haben in der vergangenen Woche – infolge der Probleme mit der Energieversorgung – zwei internationale Ratingagenturen Zypern heruntergestuft. Die Firmen Standard & Poor´s sowie Moody´s bewerteten den Mittelmeerstaat schlechter, weil dessen Finanzsystem eng mit dem griechischen Bankenwesen verknüpft ist. Zudem müssten, so hieß es von den Finanzagenturen, die öffentlichen Ausgaben gesenkt werden. Zyperns Zentralbankchef Athanasios Orphanides pflichtete den neoliberalen Institutionen bei: Zypern stehe an einem »Wendepunkt, an dem die Geschichte uns richten wird«, schrieb der Banker in einem offenen Brief an Christofias. Es seien nun »drakonische Maßnahmen« notwendig, um EU-Hilfen abzuwenden.

Unklar ist, wie die AKEL-Regierung wieder handlungsfähig werden will. Regierungssprecher Stefanos Stefanou leugnete gegenüber der Presse in Nikosia eine grundsätzliche Isolation der Regierungspartei. Das Hauptproblem bleibe die Frage der Teilung des Inselstaates, sagte der AKEL-Funktionär und enge Vertraute von Christofias.

Die Opposition hat indes eine massive Kampagne gegen die Regierung in Gang gesetzt, um eine Entscheidung in den Verhandlungen mit der Führung der Inseltürken im Norden auf jeden Fall zu verhindern. Die Explosion auf der Marinebasis ist ein Hauptthema. Aus Deutschland, so heißt es von Seiten der rechten Regierungsgegner, sei schon vor dem tödlichen Unfall Hilfe bei der Entsorgung der Waffen angeboten worden. Das Auswärtige Amt konnte diese Behauptung am Freitag auf ND-Anfrage jedoch nicht bestätigen.

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