Bildungsrauschen

Gerechtigkeit oder Gleichheit?

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.

Unter dem Titel »Sind die deutschen Schulen noch zu retten?« schreibt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, auf www.welt.de: »Wir investieren zu wenig und reparieren zu viel. Verteilungsgerechtigkeit ist heilig, Chancengerechtigkeit bleibt auf der Strecke.« Einiges davon ist gut: »Kinder in die Kita, Rechtsanspruch auf Ganztagsschule, Individuelle Förderung als Standard, Fokus auf die Brennpunktschulen, Ausbildungsgarantie für Jugendliche.« Doch mit der Trennung von »Verteilungs-« und »Chancengerechtigkeit« wird Gerechtigkeit zur Selektion: Gefördert wird derjenige, der seine Chancen ergreift. Aber gleiche Chancen setzten zumindest ähnliche materielle Bedingungen voraus, also »Verteilungsgerechtigkeit«. Im Netz macht man sich seine eigene Gedanken.

Gast meint: »Jeder fünfte 15-Jährige kann kaum lesen und rechnen, 150 000 Jugendliche bleiben jedes Jahr ohne Ausbildung oder Abitur, über 300 000 junge Menschen werden in Warteschleifen geparkt, weil sie keine Lehrstelle finden. Vielleicht ist jeder fünfte ein Migrant oder Kind von Hartz-IV-Familien. Das hat nichts mit Chancengleichheit zu tun – sondern einfach mit Intelligenz!« Für SNAFU ist » Bildung eine Hol- und keine Bringschuld! Jeder hat alle Möglichkeiten, wenn er bereit ist, sich anzustrengen.«

Tomm findet »das Schulsystem der DDR besser als das der BRD. Vielleicht könnte man sich am Osten ein Beispiel nehmen, statt immer alles aus der DDR schlecht zu reden.« Nicht so Tagtraum: »Was war daran besser? Die Guten wurden von den Schlechten jahrelang ausgebremst, Studienplatz gab es fast nur mit Parteibuch bzw. nach Wehrdienst (fragen Sie ›Spatensoldaten‹ nach Studienmöglichkeiten), an der Uni war ›Wissenschaftlicher Kommunismus‹ quasi Pflicht, man hat semesterlang ein blödsinniges Grundstudium absolviert usw. Und schauen Sie mal auf die Statistiken: Durch die extreme Förderung der ›Arbeiter und Bauern‹ ist diese Schicht intellektuell ausgeblutet, da alles, was aufsteigen konnte, aufgestiegen ist – dafür war der verbliebene Rest, mit Verlaub, der Bodensatz der Gesellschaft.«

Tomm ist empört: »Merken Sie eigentlich was Sie da schreiben? Also Arbeiter und Bauern haben keine höhere Bildung verdient, ja? Die sollen da bleiben, wo sie sind, ja? Sie geben mit ihrem Kommentar mir eigentlich Recht und nennen die Probleme des heutigen Bildungssystems. Bildung nur für die Elite. Sprechen Sie es ruhig aus.« Rutema schlägt vor, »das DDR-Bildungssystem befreit von ideologischen Zwängen als Vorbild für ganz Deutschland zu nehmen. Einheitliche Lehrpläne, einheitliche Stundentafeln und ein einheitliches Schulsystem von Kiel bis Bayern. Weg mit der bildungspolitischen Kleinstaaterei. Bildung muss Bundes- und keine Ländersache sein.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal