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LINKE beschwört ein neues Wir-Gefühl

Bundes- und Landespolitiker hoffen auf positive Effekte für kommende Wahlen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei hat am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern gegenüber der Wahl von 2006 einen Anstieg ihres Ergebnisses von 1,6 Prozent erreicht. Die Erleichterung am Montag war parteiweit zu vernehmen.

Am Wahlabend hatte die Linkspartei nach den ersten Prognosen zwischen 17 und 18 Prozent gelegen, im Abendverlauf sorgten die weiteren Auszählungen dann aber noch für einen kleinen Zuwachs. Die zum Schluss registrierten 18,4 Prozent des vorläufigen Ergebnisses führten schließlich in eine vorläufige Hochstimmung, die die Parteiführung tags darauf aufgeräumt vor die Presse in Berlin führte und von deutlichem Zuwachs und klarem Erfolg sprechen ließ. Sogar die in einem schwierigen Verhältnis befangenen Parteivorsitzenden der Bundes- und der Landespartei, Klaus Ernst und Steffen Bockhahn, setzten sich Schulter an Schulter und freundlich nahm Bockhahn den Dank von Ernst entgegen – für den Einsatz im Wahlkampf und das Ergebnis, »über das wir uns sehr freuen«.

Man sei mit den eigenen Kernthemen durchgedrungen, zeigte sich Ernst überzeugt, und er freute sich nach obligatorischen Journalistennachfragen zu Mauer- und Castrodebatten darüber, dass die Leute sich von diesen nicht hätten beeinflussen lassen. Gesine Lötzsch, die Kovorsitzende, fügte noch einen Schuss Optimismus hinzu, indem sie an Umfragen im Vorfeld der Wahl erinnerte, die ein deutlich schlechteres Ergebnis erwarten ließen. Nun, so gibt sich die Parteiführung optimistisch, könne man auch der Abgeordnetenhauswahl in Berlin in zwei Wochen zuversichtlich entgegensehen. Dafür kann das Ergebnis in Mecklenburg-Vorpommern allerdings nicht unbedingt herhalten, wenn man von der Parallele absieht, dass die Umfragewerte auch dort nicht gerade rosig sind.

Helmut Holter und Steffen Bockhahn, der Spitzenkandidat und der Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, gaben den Dank der Parteiführung artig zurück – gerade in den letzten Tagen hatten Promis der Bundespartei sich vor Ort noch einmal heftig ins Zeug gelegt. Helmut Holter macht aber auch ein neues »Wir«-Gefühl im Landesverband und den daraus folgenden Motivationsschub für das Ergebnis verantwortlich und außerdem ein paar gute Ideen für den Wahlkampf, den mit André Brie ein eigenwilliger Kopf geführt hat. Dennoch, die Frage, warum die Partei im Nordosten nun mit 18 plus x statt mit den eigentlich als Ziel verkündeten 20 plus x Prozent zufrieden ist, wurde am Montag vor der Presse nicht bis ins letzte aufgeklärt. Auf Nachfrage erst wiederholte Holter den Satz, dass Debatten auf Bundes- aber auch auf Landesebene über Mauergedenken und Castrobriefe nicht hilfreich gewesen seien, und dann räumte auch Ernst ein, dass das Ergebnis ohne diese Debatten vielleicht noch besser gewesen wäre.

Auf die Entscheidung der SPD allerdings, die nun die Frage beantworten muss, die dann Steffen Bockhahn stellte, hätten ein oder zwei Prozent mehr für die LINKE wohl auch keinen Einfluss. »Wie soll es nun weitergehen im Land«, so fragte Bockhahn. Wird die SPD sich auf eine rot-rote Koalition einlassen? Holter fügte den Zahlenspielen bei der Gelegenheit eine weitere Kombination hinzu, als er die Wahrscheinlichkeit einer rot-roten Koalition schätzte: »50 zu 50«. Oder anders gesagt: Holter wagt keine Prognose, wie die SPD sich entscheidet. Die LINKE ist bereit, daran lässt sie keinen Zweifel.

Tatsächlich hängt vom Ausgang der Sondierungsgespräche, die die SPD mit der Linkspartei wie der CDU führen will, einiges ab – für die Landespolitik und für die Menschen im Land, wie man annehmen darf. Aber auch für die weiteren Debatten in der Linkspartei. Dabei ist nicht allein an das Kräfteverhältnis zwischen Regierungsbefürwortern und Oppositionsbevorzugern zu denken, sondern auch an die Gewichtszunahme in der öffentlichen Wahrnehmung, von der alle Teile der Partei profitieren. Wie von ihrem öffentlichen Verriss alle Teile Schaden davontragen. So kann man Glückwünsche der Landesverbände im Saarland oder in Nordrhein-Westfalen, die die Genossen im Nordosten für ihr Wahlergebnis lobten, durchaus für bare Münze nehmen.

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