»Hochgelobt«

Valentina Matwijenko besetzt jetzt Russlands dritthöchstes Staatsamt

  • Lesedauer: 2 Min.

Für ihr Alter – 62 – sieht Valentina Matwijenko blendend aus. Durchsetzungsstark und robust von Statur und Mentalität, hat sie zudem ein Selbstbewusstsein, um das viele Männer sie beneiden können. Am Mittwoch wurde sie mit 140 Stimmen bei einer Enthaltung auf den Chefsessel des russischen Föderationsrats befördert, nach US-amerikanischem Vorbild auch Senat genannt. Matwijenko als Vorsitzende der zweiten Parlamentskammer, wäre ein »Segen« für das Land, hatte Präsident Dmitri Medwedjew im Sommer überraschend verkündet. Und für Matwijenko selbst ist es der krönende Abschluss einer politischen Laufbahn, wie sie für Frauen in Russland selten ist.

Der Vorsitz im Föderationsrat ist formell das dritthöchste Staatsamt. Praktisch hatte Matwijenko als Oberbürgermeisterin von St. Petersburg allerdings mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Doch die Frau, die sich im Komsomol und später in der Kommunistischen Partei zäh die Stufenleiter nach oben diente, hat das Weltbild eines Soldaten, der dort seinen Dienst versieht, wo Mutter Heimat ihn hinstellt.

1972 schloss sie ihr Studium am Leningrader Chemisch-Pharmazeutischen Institut ab, 1985 promovierte sie an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU, vertrat später die Sowjetunion und Russland als Botschafterin in Malta und in Griechenland und wurde nach dem Banken- und Finanzcrash 1998 Vizepremier für Soziales. Ihren Job machte sie so gut, dass Wladimir Putin sie nach seiner Wahl 2000 zunächst im Amt beließ. 2003 unterstützte er ihre Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters in Petersburg. Ausgerechnet dort blieb ihr Erfolg jedoch hinter den Erwartungen zurück. Zwar gelang es Matwijenko, die schlimmsten sozialen Probleme zu mildern und der Stadt – meist mit rein kosmetischen Eingriffen – einen Teil ihres früheren Glanzes zurückzugeben. An der liberalen Opposition, deren Hochburg die Newa-Stadt stets war, biss aber auch sie sich die Zähne aus, obwohl sie taktisch flexibler war als die meisten ihrer Kollegen Gouverneure. Die Regierungspartei »Einiges Russland« fuhr in »Piter« stets das landesweit schlechteste Wahlergebnis ein. Weshalb mancher meint, sie sei nach oben »weggelobt« worden.

Irina Wolkowa, Moskau

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