Lesen 1: Archiv

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Deutsche Literaturarchiv Marbach zeigt bis zum 29. Januar nächsten Jahres die Ausstellung »66+6«. Dichterzeugnisse zum Stoff, der Weltreiche schuf und zusammenstürzen ließ. Der sämtliche Tragödien begründete und Komödien anstieß. Zu sehen sind Texte und Briefe zur größten Wahrheit und zur noch größten Lüge. Anlass für Mord und Totschlag, Glück und Galle, Gift und Genuss. Marbach zeigt eine Ausstellung zu einem Gegenstand, vor dem noch jeder Dichter in schönsten Rausch verfiel und zugleich schmählich scheiterte. Nicht mal dreißig Buchstaben umfasst unser Alphabet und schuf doch überquellende Bibliotheken. Marbach zeigt nun eine Ausstellung zu schlichten drei Worten, deren Folgen nicht abreißen: »Ich liebe dich.« ek

Lesen 2: Aufruf

Die Hamburger »Zeit«, die Stiftung Lesen und Deutsche Bahn rufen zum achten Mal auf: bundesweiter Vorlesetag am 18. November! Informationen, Tipps unter: (www.vorlesetag.de)! Im vorigen Jahr waren es fast Zehntausend, die Kindern in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Buchhandlungen Geschichten vorlasen. Notwehr gegen die Übermacht der Bilder, die das Buch bedrängen? Aktion gegen eine Welt, die sich im Digitalen verflüchtigt? Tropfen auf den heißen Stein? Ohne Tropfen kein Meer.

Buch und Leser erinnern an Universum und Urknall. Vor Letzterem war alles nur ein Nebel der Möglichkeiten. Auch das Buch ist solch Nebel. Zu einem Kosmos – der Leben hat, Himmel, Erde, Hölle – wird es durch Hände, die es aufschlagen, Augen, die über Zeilen weitwandern, durch Ohren, die hören wollen, was gefühlt werden möge. Weltensinn scheint zu sein, sich uns zu entziehen – Poesie hilft, es zu ertragen.

18. November: ein Tag für die Chance sämtlicher Tage: dass Literatur am Ende stärker sein könnte als jede andere Einflüsterung. Denn sagen lassen sich die Leute nichts, erzählen alles. hds

Lesen 3: Aufschwung

Bis zum Wochenende dauert das Krimifestival »Tatort Eifel«, bundesweiter Branchentreff der Krimi- und Filmszene. Eine Erkenntnis der Autoren: Der Krimi aus der Provinz ist im Aufschwung. Ein Vormarsch, allmählich auch im Fernsehen.

Provinz? Schauspieler Kurt Böwe definierte das einst so: »Das ist das Eckige, Ungelenke, Weltfremde, Stolpernde, Verhemmte, Rückständige, Einfältige und Vielfaltige in uns.« Kurz: das Ewige, dem keine Schminke beikommt. Es siegt da also mehr und mehr die Sehnsucht der Seher und Leser nach konkreter Welt, nach Leuten und Landschaft, die einem nahe sind. Das Schräge ist geradliniger als das Stromlinienförmige. So wirkt das (erfundene) Verbrechen als Pionier einer neuen Ehrlichkeit. Immer wieder verblüffend: Das Gute kommt mitten aus dem Bösen. gg

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