Ein Schwank

Johannes Schmalzl wird doch nicht neuer Generalbundesanwalt

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Warum viele bis heute um ihres Amüsements willen gerne eine Zirkusvorstellung, ein derbes Volksstück oder das Kasperletheater aufsuchen, bleibt unverständlich. Politik ist ja weitaus unterhaltsamer: Auch dort gibt es jeweils allerlei Geschrei, drollige Kunststückchen werden aufgeführt, und es finden hie und da gemeine Intrigen statt. Und das Beste ist: Es kostet nichts. Der Hauptdarsteller des neuesten Schwanks hat sogar einen klingenden Namen, der auch von den Betreibern des Komödienstadls nicht besser hätte erfunden werden können: Johannes Schmalzl. Unter einem Burschen, der so heißt, stellt man sich einen gelackten Beamten aus der Stadt vor, der sich nun beim Großbauern um die Hand der feschen Tochter bewirbt. Um irgendeine Tochter bewirbt Herr Schmalzl sich zwar nicht, aber der erste Teil des Satzes stimmt: Der 46jährige Schmalzl, Mitglied der Spaßpartei FDP, ist ein Beamter mit einer erstklassigen Aktenkofferträgerkarriere.

Seit 2008 leitet er das Stuttgarter Regierungspräsidium, zuvor war er Präsident des baden-württembergischen Verfassungsschutzes. Eigentlich war schon ausgemacht, dass er der neue Generalbundesanwalt wird, doch gestern zog er seine Kandidatur für das Amt zurück. Und das kam so: Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic (LINKE) erlaubte sich den Hinweis, dass der Mann nur drei Monate Erfahrung als Staatsanwalt habe. Erardo Rautenberg, der dienstälteste Generalstaatsanwalt, schrieb an die Justizministerin, Schmalzls Qualifikation als Strafrechtler bewege sich »weit unter dem Niveau der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Bundesanwaltschaft«. Daraufhin erledigte das in Schmalzls Körper freigesetzte Adrenalin brav seine Aufgabe: Er schrieb dem anmaßenden Generalstaatsanwalt eine E-Mail, in der er dessen Vorwürfe als »niederträchtig« bezeichnete und ihm auch darüber hinaus ordentlich bescheidgab, wie es sich für ein Volkstheaterstück gehört: »Nach meiner Einschätzung fehlt Ihnen jegliche charakterliche Eignung sogar zur Führung einer Kleinstbehörde.« Was muss er sich da gefreut haben, der Schmalzl, als ihm diese Formulierung gelang! Und wer kriegt jetzt die Tochter vom Großbauer?

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