Zweidrittelmehrheit falsch herum
CDU-Favorit fiel bei MDR-Intendantenwahl glatt durch
Eine Zweidrittelmehrheit im Rundfunkrat des MDR hätte Bernd Hilder gebraucht, um neuer Intendant und damit Nachfolger von Udo Reiter an der Spitze der Dreiländeranstalt zu werden. Die gab es auch – allerdings nicht für den 52 Jahre alten Journalisten, sondern gegen ihn. Nur zwölf der anwesenden 41 Mitglieder des Gremiums votierten für den Chefredakteur der »Leipziger Volkszeitung«, 29 verweigerten ihm ihre Stimme.
Das Votum ist eine Enttäuschung für Hilder – und eine Ohrfeige für die sächsische CDU und den Dresdner Staatskanzleichef Johannes Beermann. Dieser hatte Insidern zufolge massiv Druck gemacht, um Hilder auf den einflussreichen Posten zu hieven. Publikationen über undurchsichtige Finanzgeschäfte des inzwischen gefeuerten MDR-Unterhaltungschefs Udo Foht kommentierte Beermann mit dem Bonmot, im Sender sei »kaum eine Instanz intakt« – was vor allem angetan war, die Chancen von Karola Wille zu schwächen. Die juristische MDR-Direktorin wollte ebenfalls Intendantin werden und galt als fachlich geeignet. Dieser Lesart zufolge war sie als MDR-Insiderin aber nicht mehr vermittelbar.
Im Verwaltungsrat, der das Vorschlagsrecht für das Amt hat, kam Beermann damit noch durch – wenngleich denkbar knapp. Dort setzte sich Hilder erst im vierten Wahlgang durch. In der ersten Runde hatte noch Wille knapp vorn gelegen. Es bedurfte einiger Pausen, um wenigstens die CDU-Mitglieder im Verwaltungsrat auf Linie zu bringen.
Die Möglichkeit gab es gestern nicht. Im Rundfunkrat war eingangs entschieden worden, nur einen Wahlgang durchzuführen. Damit folgten die Räte einer Empfehlung, die der juristische Dienst des Landtags von Sachsen-Anhalt gegeben hatte. In einer am Wochenende öffentlich gewordenen Stellungnahme hatte es geheißen, die Wahl könne »mit hoher Rechtssicherheit« durchgeführt werden, wenn es nur einen Wahlgang gebe. Andernfalls seien Klagen möglich.
Insider hatten bereits vorab vermutet, dass Hilders Chancen schlecht stehen – weniger, weil zuletzt gestreut wurde, dass er ein widerwilliger Gebührenzahler sei und im GEZ-Formular die Frage, ob er seine Beiträge überweise, mit »leider« beantwortet haben soll (was er bestreitet).
Viele Rundfunkräte halten den Mann, der in den 80ern ARD-Rundfunkkorrespondent in den USA und Mexiko war und seither Regionalzeitungen führte, aber fachlich nicht für geeignet, den Sender zu führen, der viele Tochterfirmen hat und Geschäfte mit zahllosen Dienstleistern abwickelt. Hilder könne nur »Chefredakteur der Programmzeitschrift werden«, wurde geätzt.
Vor allem aber sträubten sich viele der Gremienmitglieder, die aus Gewerkschaften, Kirchen und anderen Organisationen ebenso kommen wie von Parteien, gegen die massive politische Einflussnahme, die bereits der MDR-Personalrat in einem Brief beklagt hatte. Dass über einen Kandidaten abgestimmt werde, dem »auch nur ein Hauch von Staatsnähe« anhafte, schade dem Sender. Im Rundfunkrat hieß es, man sei »kein Abnickorgan der Dresdner Staatskanzlei«. Das Scheitern Hilders habe Gründe in einer »Gemengelage«, sagt der Magdeburger LINKE-Abgeordnete und Rundfunkrat Stefan Gebhardt: »Bemängelt wurden sowohl die fehlende Qualifikation als auch das Verfahren.«
Ob es noch gelingt, einen Nachfolger zu finden, bevor der Amtsinhaber ausscheidet, ist offen. Udo Reiter, der einen Vertrag bis 2015 besitzt, verlässt den MDR Ende Oktober auf eigenen Wunsch – offiziell aus gesundheitlichen Gründen, aber wohl auch als Reaktion auf diverse Affären im Sender. Nun muss der Verwaltungsrat einen neuen Namen nennen. Die Fraktionschefs der LINKEN in den drei MDR-Ländern regen derweil an, den Staatsvertrag für den Sender so zu ändern, dass die Stelle des Intendanten künftig ausgeschrieben wird. Der Rundfunkrat solle sich dann zwischen mehreren Kandidaten in geheimer Wahl entscheiden können.
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