Dämpfer für McAllister

Röttgen setzt auf Gorleben / Neuer Vorschlag aus Stuttgart

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Auseinandersetzung um ein Endlager hat am Wochenende kräftig Fahrt aufgenommen. Während Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) weiter auf den Gorlebener Salzstock setzt, will sein baden-württembergischer Amtskollege eine alternative Suche starten.
In einem am Wochenende bekannt gewordenen Brief bekräftigte Bundesumweltminister Röttgen gegenüber Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU), dass es bei der Erkundung des Gorlebener Salzstocks bleibt. McAllister hatte Röttgen zuvor Bedenken gegen das bisher verfolgte Konzept einer nicht rückholbaren Endlagerung übermittelt. Bei diesem Konzept käme der Salzstock nicht mehr als Endlager in Betracht, weil er sich im Laufe der Zeit wieder verschließe.
McAllister hatte auch mit den Zuständen in dem maroden Endlager Asse argumentiert, das ebenfalls in Niedersachsen liegt und genau wie Gorleben ein Salzstock ist. In der Asse waren zwischen 1967 und 1978 rund 126⋌000 Fässer mit schwach- und mittelaktivem Müll eingelagert worden. Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht in dem von Wassereinbrüchen bedrohten ehemaligen Bergwerk die Langzeitsicherheit des Atommülls nicht gewährleistet und will deshalb das radioaktive Material wieder bergen.
Die SPD-Opposition im Niedersächsischen Landtag bezeichnete Röttgens Brief als »Klatsche« für McAllister. Dessen Ansatz, über die Forderung nach Rückholbarkeit die Einlagerung von Atommüll im Salzstock Gorleben zu verhindern, sei von Röttgen »mit einem Federstrich zunichte gemacht« worden, sagte SPD-Fraktionsvize Detlef Tanke.
Die Grünen erklärten am Samstag, mit dem »alleinigen Festhalten an Gorleben entlarvt Röttgen, dass die Regierung nicht ernsthaft an einer Lösung des Endlagerproblems arbeitet«. Drei Monate seien seit dem Versprechen vergangen, die Endlagersuche neu zu starten. »Die Regierung hat nichts getan, als die Hände in den Schoß zu legen«, kritisierte die atompolitische Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl. Es existiere »noch nicht einmal ein grober Zeitplan für ein Endlagersuchgesetz«.
Unterdessen hat der Umweltminister Baden-Württembergs, Franz Untersteller (Grüne) einen Plan für eine alternative Standortsuche vorgestellt. Der Vorschlag aus Stuttgart beinhaltet einen Zeitplan mit vier Phasen. In Phase I sollen auf der Basis vorhandener geologischer Daten bis 2014 vier mögliche Standortgebiete ausgewählt werden. In Phase II könnten diese Standorte mit Bohrungen näher untersucht werden – bis spätestens 2021 sollen nur noch zwei Standorte zur Wahl stehen. Phase III ist die Untersuchung unter Tage, Phase IV schließlich die Auswahl eines Endlagerstandorts.
Voraussetzung ist für Untersteller, dass Bundestag und Bundesrat bis 2012 ein Gesetz verabschieden, das den Zeitplan und den Ablauf der Standortsuche für ein Endlager festlegt, die Finanzierung und die Zuständigkeiten im Auswahlverfahren regelt und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Verfahren festschreibt. Grundsätzlich sollten nur Ton- und Salzgesteine in die Suche einbezogen werden, heißt es in dem Vorschlag. Untersteller spricht sich ausdrücklich gegen die sogenannte Rückholbarkeit der Abfälle aus.
Die Anti-Atom-Organisation »Ausgestrahlt« forderte gestern die Stilllegung der noch laufenden AKW. Niemand könne mit Gewissheit sagen, ob es zukünftig einen sicheren Lagerplatz für die Millionen Jahre strahlenden Hinterlassenschaften aus den Atomkraftwerken geben werde, sagte »Ausgestrahlt«-Sprecher Jochen Stay. »Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es diesen Ort niemals geben wird.«

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