Wenig Brot und viele Gauner

Ein Hauch von Internationalismus auf der Occupy-Frankfurt-Demo / Attac-Ratschlag: Zeit ist reif für einen Wechsel

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Sonnabend ging das Protestcamp der Occupy-Frankfurt-Bewegung vor dem Sitz der Europäischen Zentralbank in die dritte Woche. Bisher ohne Ermüdungserscheinungen.

Bei einer Kundgebung und Demonstration durch die Innenstadt der Bankenmetropole bekräftigten die Camp-Aktivisten am Sonnabend ihren Durchhaltewillen. Sie erfuhren wieder die Solidarität von mehreren tausend Frankfurtern. Wie immer hatten die Demonstrierenden selbst angefertigte Schilder mitgebracht. »Ihr verzockt unsere Zukunft«, »Brot ist keine Handelsware« oder »Nach der Krise ist vor der Krise«.

»Poco Pan - mucho chorizo«, stand auf einem von Deutschspaniern der Frankfurter Indignados-Gruppe gemalten Schild, frei übersetzt: »Es gibt wenig Brot für die Massen und viele Gauner«. Wie schon auf den vorangegangen Demonstrationen bat eine Sprecherin bei der Auftaktkundgebung darum, in der Demonstration keine Organisationsfahnen oder Embleme mitzuführen. Einige Gewerkschafter kamen dieser Bitte nicht nach. Gleichzeitig waren allerdings der Bezug zur Arbeiterbewegung und linkere Akzente ebenso wie die Entschlossenheit, rechten Kräften in der Protestbewegung keine Chance zu geben, deutlicher zu vernehmen als in den Vorwochen. So ließ die Demonstrationsleitung im Lautsprecherwagen die »Internationale« abspielen, als der Zug an der Paulskirche vorbeimarschierte, in der 1848-49 die Deutsche Nationalversammlung getagt hatte.

»Hoch die internationale Solidarität«, erklang es in den Häuserschluchten. Einen Hauch von Internationalismus verbreitete auch ein Redner zu Beginn, als er von den jüngsten Streiks wütender Arbeiter in Griechenland berichtete. Zudem seien unter dem Eindruck der Massenproteste in Thessaloniki die üblichen Militärparaden zum Jahrestag der Invasion der italienischen Armee 1940 ausgefallen, der Staatspräsident habe die Stadt fluchtartig verlassen. In New York seien zahlreiche Gewerkschafter frühmorgens vor Arbeitsbeginn wiederholt zum dortigen Camp der Occupy Wall Street-Bewegung geeilt, um dieses gegen die Willkür von Polizisten zu schützen, denen jede noch so kleine Regelwidrigkeit als Vorwand für Eingriffe diene. Das freute die Frankfurter Demonstranten. Am Wochenende statteten auch Parlamentarier der LINKEN dem Frankfurter Occupy-Camp Besuche ab. Dabei trug der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Diether Dehm mehrfach das von ihm in den 1980er Jahren verfasste Lied »Monopoly« vor.

Öffentliche Bankenkritik und Occupy-Bewegung spielten auch beim diesjährigen Ratschlag des globalisierungskritischen Netzwerks Attac am Wochenende in Saarbrücken eine wichtige Rolle. »Die Zeit ist reif für einen radikalen Wechsel«, heißt es in einem Aufruf, mit dem zur Teilnahme an Protesten gegen die unkontrollierte Macht der Finanzmärkte aufgefordert wird. Die Attac-Aktivisten wollen die aktuelle »Bewegungsdynamik« stärken und als »Teil dieser vielfältigen Bewegung« an einer »Verstetigung der Proteststrukturen« mitwirken. Attac registrierte in den letzten Wochen eine Verzehnfachung der Zugriffe auf die zentrale Website sowie durchschnittlich fünf Neueintritte pro Tag im September und 28 Neueintritte pro Tag im Oktober. Nächster Mobilisierungshöhepunkt sind die geplanten »Umzingelungsaktionen« am 12. November im Berliner Regierungsviertel und im Frankfurter Bankenviertel.

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