SPD träumt von schöner Zukunft

Parteitag in Falkenberg/Elster befasste sich mit Brandenburg im Jahr 2030

Brandenburg im Jahr 2030: Es herrscht Vollbeschäftigung, die Löhne sind auf den Bundesdurchschnitt gestiegen. Frauen nehmen viele Führungspositionen ein, Ausländer sind willkommen, es gibt keine rechtsextremistische Partei mehr. Das Land hat schon seit 2014 keine Kredite mehr aufgenommen und trägt nun seinen Schuldenberg ab. Anfang des nächsten Jahrhunderts soll das Land schuldenfrei sein.

Davon träumt die SPD. Notiert ist die Vision eines gut organisierten Landes in dem Diskussionspapier »Brandenburg 2030«. Mit dem Papier beschäftigte sich am Sonnabend ein Landesparteitag in Falkenberg/Elster. Schon vorher wurde das Papier besprochen - und es soll weiter debattiert werden, bis im Spätsommer 2012 ein Parteitag die Endfassung beschließt. Erstellt wurden die 35 Seiten durch eine Zukunftskommission um Mike Schubert.

Was der SPD vorschwebt, das wären - gemessen an den heutigen Zuständen - geradezu paradiesischen Verhältnisse. Junge Brandenburger ohne Beruf soll es gar nicht mehr geben. Gegenwärtig schafft jeder zehnte Jugendliche im Land nicht einmal einen Schulabschluss, geschweige denn, dass er eine Ausbildung erfolgreich beendet. Den großen Sprung nach vorn in der Bildung will Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schaffen, ohne dass mehr Geld dafür ausgegeben wird. Dieser Wunsch trug ihm das höhnische Gelächter einiger Parteitagsbesucher ein. Platzeck blieb aber dabei. Mehr öffentliche Mittel werde es in den kommenden Jahrzehnten nicht geben, das wisse jeder. Denn es ist absehbar: Brandenburg wird insgesamt nicht mehr Geld zur Verfügung haben, sondern weniger.

Das Bundesland steht vor großen Schwierigkeiten. Es wird innerhalb von 20 Jahren sechs Prozent seiner Bevölkerung verlieren. Am Ende wird es 25 Prozent weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geben, dafür doppelt so viele Hochbetagte, die ihren 80. Geburtstag bereits hinter sich haben. Trotzdem hat Brandenburg Perspektiven, zeigte sich der Regierungschef am Sonnabend überzeugt. Er schwärmte von dem neuartigen Hybridkraftwerk, das kürzlich bei Prenzlau in Betrieb genommen wurde. Es könnte die Lösung sein für das Problem, Windkraft und Sonnenenergie zu speichern - eine technische Meisterleistung aus Brandenburg, die der ganzen Welt nutzt.

Auf den Bevölkerungsschwund soll nach dem Willen der Zukunftskommission durch einen Umbau der Verwaltung reagiert werden. Keine Gemeinde soll weniger als 12 000 Einwohner haben und kein Landkreis weniger als 200 000 Bewohner. Erneute Gemeinde- und Kreisgebietsreformen wären unumgänglich, denn tatsächlich sind die genannten Werte schon heute an vielen Stellen unterschritten. Bis 2030 würden zehn der 18 Kreise und kreisfreien Städte voraussichtlich sogar weniger als 150 000 Einwohner haben, wenn sich nichts ändert. Es soll sich aber etwas ändern. Im Diskussionspapier wird angeregt, dass Cottbus, Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder) mit den umliegenden Landkreisen fusionieren. Allenfalls die Landeshauptstadt Potsdam, die jetzt bereits mehr als 150 000 Bewohner zählt und weiter wächst, dürfte für sich bleiben.

Platzeck warnt allerdings davor, dass sich die Diskussion an dieser Stelle verhakt. Die 12 000-Seelen-Gemeinde sehe er noch nicht, bekannte der Ministerpräsident. In der hintersten Bankreihe brummte da der frühere Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD). »Hab' doch Mut, Matthias«, forderte er halblaut. Gegen die Zusammenlegung von Gemeinden seien nur die ehrenamtlichen Bürgermeister, weil sie damit Einfluss verlieren, erklärte Dellmann. Den Bürger interessiere dies überhaupt nicht, der wisse schon jetzt oft gar nicht mehr, wer für ihn zuständig sei.

Der hauptamtliche Bürgermeister von Fredersdorf-Vogelsdorf, Uwe Klett (LINKE), ist begeistert von dem Diskussionspapier. »Die SPD stellt die richtigen Fragen«, lobt er. Die Fragen sind gleich auf der zweiten Seite formuliert. Sie lauten: »Wie lassen sich Schrumpfungsprozesse so organisieren, dass nicht schwere gesellschaftliche Verwerfungen entstehen?« oder »Wie organisieren wir unser Schulsystem, wenn sich die Zahl der Geburten bis 2030 fast halbiert?« Die Fragen allein reichen aber nicht aus. Die SPD muss auch schlüssige Antworten liefern.

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