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Verschiebt Weihnachten!

Kommentar von Wolfgang Hübner

  • Lesedauer: 2 Min.

Manchmal beweisen die Deutschen einen überraschenden Sinn für subversiven Humor. 52 Prozent sind mit ihrem Bundespräsidenten zufrieden, 10 Prozent sogar sehr zufrieden. Man möchte doch gerne wissen, was das für Leute sind - wahrscheinlich handelt es sich Demoskopie-Spontis, die den Interviewern von den Umfrage-Instituten genauso die Taschen vollhauen wie seinerzeit die Gönner dem Christian. Ähnlich verhält es sich offenbar mit jenen sagenhaften 79 Prozent, die Christian Wulff weiter im Schloss Bellevue sehen wollen. Hier ist es wie in dem Witz über einen miserablen Opernsänger, der eines abends dem erbittert applaudierenden Publikum Zugaben ohne Ende geben muss, nach dem Motto: »Heute machen wir ihn fertig!« 79 Prozent gönnen Wulff nicht den Abgang durch den Hinterausgang - er soll weiter im Rampenlicht schmoren und Depeschen seiner Anwälte hinterherbeten.

Das alles passt wunderbar zur seligen Weihnachtszeit, in der bekanntlich hinterm Glockenklang und unterm Lametta die Heimtücke und die Rachsucht lauern. Viele freuen sich deshalb schon auf die traditionelle Weihnachtsansprache des Präsidenten, die diesmal besonderen Unterhaltungswert verspricht. Dem Kölner Kardinal Joachim Meisner wird allerdings schon ein wenig blümerant bei dem Gedanken, dass das heilige Fest von einem profanen Sünder besudelt werden könnte. Er rät Wulff von der Rede ab, was aber schlecht geht, weil sie ja schon im Fernsehprogramm ausgedruckt ist. ARD und ZDF wollen auch nicht auf den Quotenhit verzichten. Da bleibt nur eins: Der Papst muss Weihnachten verschieben - bis zum nächsten Präsidenten.

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