»Übliche Reflexe« statt Aufklärung

Petra Pau zum Kampf gegen Rechtsextremismus

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, zugleich Innenexpertin der Linksfraktion, wirft der Bundesregierung eine verfehlte Politik gegen Rechtsextremismus vor. Um das Ausmaß der rechtsextremistischen Gefahr zu erkennen, verlangt ihre Fraktion gemeinsam mit den Grünen einen Untersuchungsausschuss des Bundestages sowie adäquate Gremien in Ländern.

Seitdem klar ist, dass eine rechtsextremistische Terrorzelle seit 13 Jahren mordend und raubend durchs Land gezogen ist, sind sechs Wochen vergangen. Die Bundesregierung habe »mit den üblichen Reflexen« reagiert und und »olle Kamellen« in die Debatte geworfen. Paus Urteil ist eindeutig: »Viel Aktionismus, wenig Substanz. Es gab kurze Aufregung, medial und in der Politik, aber dann passierte nichts mehr. Dabei schaut man in Abründe«, kritisierte Petra Pau vor der Presse am Donnerstag in Berlin.

Das staatliche Versagen lasse sich nicht auf Thüringen, Sachsen und Niedersachsen abwälzen. Es habe Bundesdimensionen und deshalb sei ein Untersuchungsausschuss unumgänglich. Die LINKE ist dafür, die Grünen sind dafür, nun muss sich die SPD zwischen Aufklärung und Verklärung entscheiden. Doch auch »libertäre Reste in der FDP« seien zum Mittun aufgefordert. Zugleich halte die LINKE wie andere Demokraten ein Verbot der NPD für nötig - vorausgesetzt, alle V-Leute des Verfassungsschutzes werden abgezogen.

Pau äußerte sich zum Stand der Ermittlungen. Man habe den Eindruck, dass sich nichts bewege. Sie kritisierte insbesondere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Der habe mit der Einsetzung einer »Expertenkommission« zur Aufklärung der Mordserie nicht nur »den Bundestag düpiert«. Dass er ehemalige Behördenleiter von Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt (BKA) in das Gremium berufen habe, zeuge zudem von mangelndem Aufklärungswillen.

Kritik erfuhr auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Sie verschiebe bei der Bekämpfung extremistischer Tendenzen den Fokus - trotz des offenbar gewordenen Neonazi-Terrors - von rechts nach links. Die Ministerin müsse endlich aufhören, »Extremisten zu jagen, wo es keine gibt«, sagte Pau.

Einen anderen Beleg für Schröders Unfähigkeit hatten Paus Mitarbeiter vor dem Raum aufgestellt. Ein aktuelles mannsgroßes Plakat ihres Ministeriums (Aufschrift: »Einsatz zeigen, aktiv gegen Extremismus«) zeigt sieben albernde junge Menschen auf grüner Wiese. Pau verlangt dagegen die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Diese Behörden seien nicht kontrollierbar und so »Fremdkörper« in jeder Demokratie. An ihre Stelle müsse eine unabhängige Beobachtungsstelle für Rechtsextremismus treten, in der auch zivilgesellschaftliche Organisationen mitarbeiten.

Kritik richtete sie auch an die Adresse der sächsischen Justizoberen. Dort würden noch immer Menschen angeklagt, die sich im Februar einem Neonazi-Aufzug entgegenstellten. Wie die beiden anderen Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hat Petra Pau den Aufruf zur nächsten Anti-Naziblockade 2012 unterzeichnet.

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