Spuren des europäischen Imperialismus
Eine Zeitreise in die koloniale Vergangenheit der Philippinen
Die Geschichte der Philippinen ist eine wechselvolle Chronik fremder Einflussnahme und Besetzung, bereits im 7. Jahrhundert beginnend. Im 16. Jahrhundert, hier setzt der Band »Krone, Kreuz und Krieger« ein, ist es die europäische Seemacht Spanien, die auf den Archipel im pazifischen Ozean Anspruch erhebt und bis in die Gegenwart ihre Fußabdrücke hinterlassen wird, nicht nur indem sie die Insel nach ihrem König, Philipp den II., benennt.
Der Politikwissenschaftler Rainer Werning forscht nach den Hinterlassenschaften der europäischen Eroberer auf den Philippinen und führt den Leser - der übrigens wahlweise eine deutsche oder englische Version studieren kann - zu den Anfängen der westlichen Expansion und verfolgt die hegemonialen Rangeleien verschiedener Großmächte bis ins 20. Jahrhundert.
Seine Spurensuche beginnt der Südost- und Ostasienspezialist mit den offensichtlichsten europäischen Zeugnissen, greifbar in der christlichen Glaubenslehre, den spanischen Namen und Redewendungen. Erstaunlich allerdings, hebt er hervor, dass sich Spanisch trotz knapp 350 Jahre andauernder spanischer Herrschaft nicht als Amtssprache durchsetzte. Dafür wurden Politik und Wirtschaft von den Strukturen der Kolonialherren durchsetzt. Das Großgrundbesitzertum beispielsweise, sei ein »koloniales Erbe mit weitreichenden Konsequenzen, weil es das kommunale Gemeindeeigentum zu Gunsten von Individualeigentum aufhob«.
Ende des 19. Jahrhunderts ist Manila ein wichtiger Hafen für ausländische Handelsgesellschaften und die Philippinen exportieren vor allem drei Produkte: Tabak, eine Hanffaser und Zucker. Doch mit dem Welthandel werden auch die Ideen der französischen Revolution und das »Kommunistische Manifest« auf die Philippinen verschifft. Philippinische Revolutionäre, wie José Risal oder Isabelo de los Reyes, organisierten Widerstand gegen die Fremdherrschaft. Bedrängt durch die Philippinische Revolution und die US-Amerikaner wurden die Spanier gezwungen, den Archipel aufzugeben.
Der Autor zeichnet nach, wie es oft nur einzelne Personen sind, die durch ihr Wirken Einfluss auf die Geschicke der philippinischen Geschichte nehmen. Eindrucksvolles Beispiel hierfür ist der General John Joseph Pershing, der auf den Plan gerufen wird als sich die US-Amerikaner mit der Wende zum 20. Jahrhundert die Philippinen aneignen. Als »idealtypische Verkörperung« des US-amerikanischen Imperialismus erwirbt er sich einen grausamen Ruf.
Ähnlich brutal gehen die 1941 einmarschierenden und bis 1945 verweilenden Japaner vor. 1,2 Millionen Filipinos verloren während dieser Zeit ihr Leben. Interessant hierbei die Rolle der deutschen Nationalsozialisten, spanischen Franco-Anhänger und der philippinischen Falange, deren Vorstellungen mit der japanischen Idee der »Großasiatischen Wohlstandssphäre« gut zusammenpassten. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im Juli 1946, erlangen die Philippinen schließlich ihre Unabhängigkeit.
Rainer Werning schöpft aus zahlreichen Quellen und bewegt sich landeskundig und sprachlich verständlich durch die historische Materie. Das Taschenbuch ist schmal, aber reich an interessanten Details, die immer wieder in die größeren Zusammenhänge eingebettet werden. Insbesondere für Geschichtsinteressierte wird der Band eine Bereicherung sein.
Rainer Werning: Krone, Kreuz und Krieger. Europäische Vermächtnisse in den Philippinen. Verlag Neuer Weg, 109 S., brosch., 9,30 Euro
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