Unglückstag oder Kulturphänomen?

Unbehagen vor Freitag, dem 13., ist nicht berechtigt

  • Lesedauer: 2 Min.
Krankhafte Angst vor einem Freitag, den 13., haben nach Einschätzung des Diplompsychologen Peter Beckwermert aus Monheim (Nordrhein-Westfalen) nur sehr wenige Menschen. Der Wirbel um den »Unglückstag« sei eher ein kulturelles Unterhaltungsphänomen.

nd: Ist Freitag, der 13., ein Unglückstag?
Beckwermert: Nein. Man hat das statistisch untersucht. An diesem Tag passieren nicht mehr Unfälle, Unglücke, Naturkatastrophen oder Missgeschicke als an allen anderen Tagen des Jahres.

Gibt es tatsächlich Menschen, die Angst vor dem Tag haben?
Es gibt Menschen, die ein gewisses Unbehagen spüren, wenn sie daran denken, dass Freitag, der 13., ansteht. Aber von Angst kann man da nicht reden. Ich habe in meinen 40 Jahren Berufserfahrung niemanden kennengelernt, der wirklich panisch darauf reagiert hätte. Es ist mehr ein kulturelles Unterhaltungsphänomen als wirklich etwas Pathologisches.

Es soll aber sogar eine Art Krankheit geben, die »Paraskavedekatriaphobie«.
Einer der berühmtesten Komponisten, Arnold Schönberg, hatte Angst vor der Zahl 13. Er ist interessanterweise dann auch an einem Freitag, dem 13., gestorben. Aber das ist so selten. Der Glaube, dass an einem Freitag, dem 13., etwas Unglückliches passieren wird, gehört zur Kultur des Aberglaubens.

Gibt es in unserer doch wissenschaftlich geprägten Welt eine neue Sehnsucht nach dem Übernatürlichen und Unerklärlichen?
Der Glaube, dass das, was man fühlt, eher wahr ist, als das, was man weiß, ist nicht stärker als in vorigen Jahren, Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Die Sehnsucht nach dem Spirituellen ist uralt.

Passiert mir mehr, wenn ich mit etwas Negativem rechne?
Es gibt den schönen Begriff der »self-fulfilling prophecy«, der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Das kommt in der Tat vor, auch außerhalb des Bereiches Aberglauben - wenn man zum Beispiel die Sorge hat, dass man mit dem Fahrrad stürzt und besonders darauf achtet, dass das nicht passiert. Wer sich in die Motorik seines Fahrradfahrens bewusst einklinkt und das beobachten will, der verunsichert sich dermaßen, dass er tatsächlich mit dem Fahrrad stürzt.

Warum machen Menschen ihr Glück gerade von einem bestimmten Wochentag und einer Zahl abhängig?
Das sind alte kulturelle Überbleibsel aus einer Zeit, als Menschen versuchten, sich die Welt zu erklären, aber nichts anderes hatten als ihre Magie, ihren Aberglauben und ihre Götterwelt. Und wenn man sich in dem System bewegt, bekommt man immer wieder die Bestätigung dafür. So wie die Azteken, die glaubten, dass, wenn sie abends keine Menschen opferten, am nächsten Tag die Sonne nicht aufgeht. Sie haben nie gewagt auszuprobieren, ob das stimmt.

Interview: Helen Hoffmann, dpa

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