Auf dem Weg zum Kommunismus
Merkel besucht Volksrepublik China / KP-Führer sollen den Euro retten helfen
Selbstverständlich hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Prioritätenliste für die zu behandelnden Themen, die sie mit ihrem Amtskollegen, Ministerpräsident Wen Jiabao, oder Staatspräsident Hu Jintao erörtert. Das ist wohl bei jedem Staatsbesuch so. Gemessen an Häufigkeit und Lautstärke der hier in Deutschland genannten Themen hätte die Kanzlerin China vor allem zur Achtung der Menschenrechte zu ermahnen, als nächstes Peking aufzufordern, sich in die antiiranische Boykottfront einzureihen, und schließlich im UN-Sicherheitsrat eine gegen Syrien gerichtete Resolution passieren zu lassen. Sollten diese Themen aber tatsächlich die Gespräche dominieren - die Atmosphäre würde sehr schnell sehr frostig.
Bei diversen Anlässen in der Vergangenheit hat die chinesische Führung unmissverständlich klargestellt, was sie als Einmischung nicht hinnimmt. Dann wird ein Treffen auch mal ganz kurzfristig abgesagt. So erlebte es 2007 Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, nachdem Merkel als Kanzlerin den Dalai Lama empfangen hatte. Ähnlich erging es 2010 den EU-Repräsentanten José Manuel Barroso und Herman van Rompuy, als sie glaubten, ihre Pekinger Gäste ungefragt mit chinesischen Exilanten konfrontieren zu können.
Doch dazu wird es kaum kommen. Zum einen hat die chinesische Führung ein gewisses Verständnis dafür, dass deutsche Politiker den selbst aufgestellten Geßlerhut »Menschenrechte in China/Tibet« vor dem Eintreffen in Peking besonders laut grüßen, um danach um so konsequenter zur eigentlichen Tagesordnung überzugehen - und da stehen Finanzen und Wirtschaft ganz oben. Zum anderen wusste Bundeskanzlerin Merkel immer recht gut, welchen Respekt sie den chinesischen Kommunisten schuldet. Gestern wurde sie mit den Worten zitiert, sie wolle das Thema Menschenrechte »in der gebotenen Höflichkeit und Klarheit« vorbringen.
In Peking geht es nicht zuletzt darum, China dafür zu gewinnen, einen gewichtigen Teil der Billionenüberschüsse des Landes in wacklige europäische Anleihen zu investieren. Sollte also der Ton nicht stimmen in Peking, hätte die Kanzlerin auch als Bittstellerin des krisenzerzausten Euro-Merkozy-Managements schlecht gehandelt.Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
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