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Mehr als Betroffenheit

Tod der zweijährigen Zoe ließ Abgeordnetenhaus über Kinderschutz nachdenken

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Tod der zweijährigen Zoe aus Weißensee war allen Fraktionen gemeinsamer Anlass für eine Aktuelle Stunde zum Thema Kinderschutz am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Über tiefe Betroffenheit angesichts des tragischen Schicksals des Mädchens waren sich die Parlamentarier einig.

Die Abgeordneten waren, wie Björn Eggert (SPD), »schockiert«, »erschüttert« und »fassungslos«, was da »mitten in Berlin« geschehen sei. Da ein Kind unmittelbar unter Betreuung des Jugendamtes starb, gab es auch für ihn die Frage nach »grundsätzlichen Fehlern im System«.

Es gebe keinen Mangel an Gesetzen und Regelungen, meinte Marianne Burkert-Eulitz (Grüne). Doch zu viele und immer mehr Fälle würden Sozialerbeitern aufgebürdet. Den Jugendämtern fehle aber Personal: »Sie werben es sich gegenseitig ab.« Fürsorgende Kontrolle sei nötig, befand Roman Simon (CDU). »Wo die Eltern versagen oder gar die Täter sind, ist die Gesellschaft gefordert.«

Unbequeme Fragen stellten sich, die nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten seien, warb Katrin Möller (LINKE) um Nachdenklichkeit. Trotz des Systems Jugendhilfe sei es zu Katastrophe gekommen. Nun »geht es nicht, die alleinige Verantwortung auf das Jugendamt abzuwälzen«. Das Budget für die Hilfen zur Erziehung reiche vorne und hinten nicht. Die Politik könne sich nicht zurückziehen und die Verantwortung nun jenen zuschieben, denen sie zuvor die Mittel beschnitten habe.

Es sei nicht nur zu klären, was im tragischen Fall der zweijährigen Zoe falsch gelaufen sei, forderte Susanne Graf (Piraten). »Wir müssen klären, was immer falsch läuft.« Unterstützung für Freie Träger und längst fällige Qualitätskriterien für Hilfen zur Erziehung mahnte sie an. Eine Hand des Jugendamtes müsse wissen, was die andere tut.

Alle Fraktionen forderten gemeinsam Konsequenzen für den Kinderschutz in der Hauptstadt. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) fragte ebenfalls: »Wie konnte das passieren?« Bat aber vor einer Antwort um sorgfältige Analysen. Denn es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern den bestmöglichen Kinderschutz in Berlin. Dieser habe Priorität und »wir sind alle dafür zuständig«.

Hohe Anerkennung der Senatorin galt den Sozialpädagogen für ihre Arbeit in den Familien. Eltern müssten gestärkt, Konflikte frühzeitig erkannt und bei deren Lösung geholfen werden. Als erfolgreich wertete sie die »aufsuchende Elternhilfe«, die 2007 in Berlin eingeführt wurde. Mit dem Netzwerk Kinderschutz sei genau der richtige Weg beschritten worden. Damit sei die Hauptstadt bundesweit Spitzenreiter und habe mit Bezirken und freien Trägern umfangreiche Maßnahmen zur Prävention, Krisenintervention und Beratung auf den Weg gebracht. In Berlin sei nichts versäumt, sondern im Gegenteil viel getan worden, meinte sie. In den nächsten Jahren sei weiterhin in den Kinderschutz zu investieren. So solle auch die Hotline Kinderschutz mehrsprachig werden.

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