Alligatoren in der Schlangengrube

Riesenschlangen aus privaten Terrarien bringen die Tierwelt der Everglades in Florida durcheinander

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Ausbreitung gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten verursacht in den USA jährliche Kosten in Milliardenhöhe. Wie Riesenschlangen ein ganzes Ökosystem umkrempeln können, zeigt eine aktuelle Studie aus Florida.
Alligatoren in der Schlangengrube

Die Statistik von durch Autos überfahrenen Tieren kann ganz unerwarteten wissenschaftlichen Wert bekommen: Eine kürzlich in den »Proceedings« der US-Akademie der Wissenschaften (DOI: 10.1073/ pnas.1115226109) veröffentlichte Studie bediente sich der Zählung der überfahrenen Tiere, um die Folgen der Ausbreitung der aus Burma eingeschleppten Tigerpython im Everglades-Nationalpark zu untersuchen. Der Nationalpark umfasst ein rund 6000 Quadratkilometer großes subtropisches Sumpfgebiet im Süden des US-Bundesstaats Florida.

Die ersten asiatischen Riesenschlangen (siehe Lexikon) wurden dort bereits in den 1980er Jahren beobachtet. Sie wurden vermutlich von Tierhaltern, denen die Reptilien buchstäblich über den Kopf wuchsen, ausgesetzt. Denn ausgewachsene Tigerpythons erreichen eine Länge von vier bis fünf Metern und ein Gewicht von 70 Kilogramm.

Das Team um Michael E. Dorcas vom Davidson College fand heraus, dass im Zeitraum von 2003 bis 2012 die Zahl der Waschbären und Opossums (eine Beutelratte) um 99 beziehungsweise 87 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 1993 bis 1999 abgenommen hat. Einen ähnlichen Schwund gab es bei Rotluchsen und Weißwedelhirschen. Kaninchen oder Füchse wurden gar nicht mehr beobachtet.

Der Rückgang der genannten Säugetiere fällt mit dem Wachstum der Python-Population in den Sümpfen zusammen. Inzwischen wird deren Zahl auf 10 000 geschätzt, obwohl allein in den letzten zehn Jahren 1800 von Wildhütern gefangen wurden »Die Pythons richten Amerikas schönstes und reichstes Ökosystem zugrunde«, klagt Marcia McNutt, Leiterin der US-Behörde für Geologie (USGS). Die in ihrer Heimat selbst für Raubtiere wie Leoparden gefährlichen Schlangen sind nicht wählerisch bei der Nahrungssuche. Sie greifen sogar ausgewachsene Alligatoren an, selbst wenn sie anschließend an dem zu großen Bissen ersticken.

Welche Veränderungen eine fremde Schlangenart herbeiführen kann, haben die USA auf der von ihr besetzten Pazifikinsel Guam demonstriert, wo die Braune Nachtbaumnatter praktisch alle heimischen Vögel und Kleinsäuger ausgerottet hat. In der Folge sterben auch Pflanzen aus, die bei der Vermehrung auf diese Vögel angewiesen sind.

Die Obama-Regierung hat kürzlich Einfuhr und Handel mit Tigerpythons verboten. Doch der Handel mit der südamerikanischen Boa Constriktor bleibt erlaubt. Die USGS schätzt das Risiko, dass die Boa den gleichen Schaden anrichtet wie der Tigerpython in den Everglades, als »hoch« ein. Experten schätzen, dass 13 Millionen Reptilien in den USA als Haustiere gehalten werden.

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