Extremisten wider Willen

Muslimische Jugend klagt erfolgreich gegen Verfassungsschutzbericht 2009

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Verein Muslimische Jugend in Deutschland stand zu Unrecht als extremistische Organisation im Verfassungsschutzbericht.

»Muslimische Jugend Deutschland e.V. gegen Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern«, hieß es gestern vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Im Verfassungsschutzbericht 2009 wird die Muslimische Jugend als Organisation dargestellt, die die Anweisungen Allahs in allen Bereichen und mit allen Mitteln umzusetzen habe. Gegen diese tendenzielle Stimmungsmache wehrt sich die Jugendorganisation.

Die Muslimische Jugend taucht im Verfassungsschutzbericht unter der Rubrik »Islamismus/Islamistischer Terror« auf. Viel erfahren wir dort über die Arbeit des Vereins jedoch nicht, der nach eigenen Angaben rund 1000 Mitglieder in Deutschland hat.

Wohl aber, dass das Polizeipräsidium München gegen ein ehemaliges Mitglied wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Betrug in mehreren Fällen, Urkundenfälschung, betrügerischer Bankrott, Untreue, Geldwäsche sowie finanzielle Unterstützung des internationalen Terrorismus ermittelt wurde. Vermutlich haben wir es mit einer ganz üblen Truppe zu tun, die in Deutschland einen Gottesstaat errichten will, so die logische Schlussfolgerung.

Nicht erwähnt im Verfassungsschutzbericht 2009 wird, dass die Ermittlungen ohne Ergebnis eingestellt wurden, dass sich alle Vorwürfe als haltlos herausgestellt haben. Dennoch standen die Beschuldigungen bis gestern beim Verfassungsschutz im Internet und jeder konnte es so und nicht anders nachlesen. Der Anwalt des Innenministeriums erklärte sich dann auch sofort bereit, die entsprechende Passage aus dem Internetbericht streichen zu lassen. Bei den gedruckten Exemplaren, falls noch vorhanden, soll eine Schwärzung vorgenommen werden.

Der Bericht gibt zudem Formulierungen wider, mit denen jugendliche Schulungsteilnehmer des Vereins angeblich auf einen Gottesstaat eingeschworen werden sollen. Gefunden wurden sie auf dem Computer eines Ex-Mitgliedes, nicht aber in den offiziellen Dokumenten und Schulungsunterlagen des Vereins. Sie kamen im Verein nie zum Einsatz. Somit bestreitet die Organisation vehement, jemals etwas anderes gewollt zu haben als muslimische Erziehung als Teil der europäischen Kultur.

Nach eigenem Verständnis bemüht sich der Verein um Integration junger Muslime und bekennt sich ohne Wenn und Aber zum Grundgesetz. Von radikalen Moslems werde sie im Internet immer wieder attackiert. Die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht erschwere die Arbeit mit gläubigen Jugendlichen und die Zusammenarbeit mit anderen Jugendorganisationen. Deshalb strebt die Organisation an, aus dem jährlichen Verfassungsschutzbericht ganz zu verschwinden. Die gestrige Verhandlung war ein erster Schritt in diese Richtung, denn die Berliner Verwaltungsrichter gaben der Klage der Muslimische Jugend im Wesentlichen statt.

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