Keine Lust auf eigene Scholle

Sachsens Kleingarten-Landesverband lehnt Kaufangebote des Freistaats an Vereine ab

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Sachsen verkauft Ländereien - auch solche, auf denen Kleingärten liegen. Die Vereine, meint der Freistaat, sollen beim günstigen Angebot zugreifen. Doch der Gartenverband lehnt ab.

Sachsens Kleingärtner grübeln dieser Tage nicht nur über den geeigneten Zeitpunkt, an dem Kartoffeln gelegt und die Tomaten ins Freiland gepflanzt werden können. In einigen Vereinen wird zudem aufgeregt diskutiert, ob man die Parzellen, auf denen Gemüse und Obst angebaut werden, auch kaufen sollte. Auslöser sind Pläne des Freistaats, bisher landeseigene Flächen an Interessenten abzugeben. Betroffen sind auch rund 300 Hektar, auf denen Kleingärten von 120 Vereinen liegen. Von einer »Flurbereinigung« spricht der LINKE-Abgeordnete Klaus Bartl.

Der Landesverband Sachsen der Kleingärtner (LSK) hält aber von einem Flächenkauf durch einzelne Vereine nichts. »Damit haben wir keine guten Erfahrungen gemacht«, sagt der Präsident Peter Paschke. Er fürchtet unter anderem Konflikte beim Ausscheiden alter oder dem Eintritt neuer Mitglieder, wenn eine Einigung über Anteile an der Kaufsumme anstehe. Bartl weist zudem auf Probleme hin, wenn sich ein Verein etwa wegen Überalterung und Mitgliedermangel auflöst: Dann drohe ein »finanzielles Desaster«.

Vereinen, denen in vergangenen Wochen ein Flächenerwerb abgeboten wurde, hat der LSK daher »mit Erfolg davon abgeraten«, sagt Paschke. Künftig will der Verband derlei Offerten gänzlich unterbinden: In einem Gespräch mit dem Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement (SIB) will der LSK morgen durchsetzen, dass die Areale nur noch Kommunen oder Regionalverbänden der Kleingärtner angeboten werden.

Diesen sowie den Vereinen räumt der Freistaat ein Vorkaufsrecht für die Flächen ein, das bis Ende September befristet ist. Umweltminister Frank Kupfer (CDU) riet kürzlich eindringlich, dieses wahrzunehmen. Die Bedingungen seien »sehr günstig«, erklärte Kupfer. Verlangt wird ein Kaufpreis in Höhe des 15-fachen Pachtzinses, das sind rund 1,50 Euro pro Quadratmeter. Die kleingärtnerische Nutzung sei zudem »vertraglich festgeschrieben«, betonte Kupfer.

Allerdings hat das Angebot einige Haken, erwidert Paschke. Es enthalte beispielsweise eine unbefristete »Nachbewertungsklausel«. Ändert sich die Nutzungsart - etwa, wenn Kleingärten in Erholungsgrundstücke mit weniger strengen Vorschriften für den Anbau von Gemüse oder zur Bebauung umgewandelt werden -, werde eine Nachzahlung fällig. Der Kleingartenverband plädiert jedoch dafür, dass nur bei einem Weiterverkauf der Flächen ein Mehrerlös erstattet werden muss. Auch über diese Forderung solle mit dem SIB verhandelt werden.

Als geeignete Käufer für die Kleingartenflächen kommen laut Paschke die Kommunen und die Regionalverbände des LSK in Frage. Die Städte Leipzig und Freiberg hätten sich bereits bereit erklärt, alle betroffenen Areale zu kaufen. In Dresden, wo allein 129 Hektar zum Verkauf stehen, gibt es noch Klärungsbedarf. Ein Vertreter der Stadt erklärte kürzlich beim Stadt-Kleingärtnertag, man sehe sich nur zum Kauf einiger Flächen in der Lage. Der Stadtverband will deshalb nun Geld aufbringen, um weitere Parzellen erwerben zu können. Dazu soll eine einmalige Umlage von fünf Euro je Garten erhoben werden.

Eine dringende Notwendigkeit zum Kauf besteht ohnehin nicht, betont der LSK-Präsident. Das Bundeskleingartengesetz und weitere Regelungen böten Sicherheit, die Pachtverträge »gelten unbefristet und sind geschützt«, sagt Paschke: »Uns ist im Prinzip egal, wer Eigentümer ist.« Und auch die Tomaten wachsen unabhängig davon, ob die Parzelle der Stadt, Bahn oder Kirche gehört - wenn die Sonne scheint und gut gedüngt wird.


Gartenparadies

Sachsen ist das Bundesland mit der höchsten Kleingartendichte. Derzeit gibt es 207 000 Parzellen, deren Pächter zu 3900 Vereinen gehören. Der Landesverband der Kleingärtner ist der mitgliederstärkste in der Bundesrepublik. Bewirtschaftet werden Flächen von 9300 Hektar. Zwei Drittel davon befinden sich in kommunalem Besitz, ein Fünftel hat private Eigentümer. Dazu kommen Flächen, die der Bahn oder den Kirchen gehören. Der Bund hat bereits Areale verkauft, nun zieht der Freistaat nach. (nd)

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