Helios auf Renditejagd

Urabstimmung in sieben Klinikstandorten der Damp-Gruppe / Zeichen stehen auf Streik

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.
In sieben von neun Kliniken der Damp-Gruppe stehen die Zeichen auf Streik. Der neue Eigentümer Helios will Löhne drücken und Servicegesellschaften ausgründen. Die Beschäftigten antworten mit Streik.

In sieben Kliniken der neun Damp-Gruppe an acht Standorten stehen die Zeichen auf Streik. Auch wenn erst am Montag das Ergebnis der Urabstimmung veröffentlicht wird, muss man kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass nach der im März erfolgten Übernahme der Damp-Kliniken in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern durch den Klinikverbund Helios ein massiver Arbeitskampf beginnt. Da der neue Eigentümer der Damp-Gruppe sich in Verhandlungen mit der ver.di weigert, speziell den rund 1000 Angestellten und Kräften der Servicegesellschaft (Reinigung, Essensversorgung, Hausmeisterdienste, Stationshilfen) eine Stellengarantie zuzusagen. Am Mittwoch und Donnerstag waren die rund 4000 gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten zur Urabstimmung aufgerufen. Am Donnerstag trafen sich die Beschäftigten in Schleswig zu einer Großdemonstration.

Arbeitskampf und Urabstimmung am Standort Schleswig wurden am Donnerstag indes ausgesetzt. Hier hatte Helios angekündigt, rückwirkend ab 1. Januar die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anzuwenden. Ver.di prüfe nun zunächst, ob das rechtlich möglich sei, sagte die für Tarifpolitik zuständige Sekretärin Gabriele Gröschl-Bahr auf nd-Anfrage.

An den Standorten, Damp, Kiel, Schönhagen, Schleswig, Lehmrade, Hamburg, Stralsund, Ahrenshoop zeichnet sich indes ein Muskelspiel ab. Hier liefen Warnstreiks und Urabstimmung am Donnerstag weiter. Die Beteiligung sei bislang »sehr, sehr hoch« gewesen, so Gröschl-Bahr. Die Helios-Geschäftsführung versucht unterdessen Streikbrecher anzuheuern. Sie verspricht beispielsweise Physiotherapeuten 300 Euro bar auf die Hand bei freier Kost und Logis.

Der Streit mit Helios dreht sich im Wesentlichen um die geplante Neugründung von Servicegesellschaften - kurz: Outsourcing. Dort sollen nur noch »marktübliche Löhne« ohne Tarifbindung gezahlt werden. Das würde viele Existenzen in finanzielle Not treiben. Noch während zuletzt Sondierungsgespräche liefen, wurden Beschäftigten bereits Prämien für den Fall versprochen, wenn sie ihren bestehenden Arbeitsvertrag auflösen. Für Gewerkschaftssekretär und Verhandlungsführer Oliver Dilcher sehen vertrauensbildende Maßnahmen jedenfalls anders aus. Eine solch sture Verweigerungshaltung der neuen Eigentümer habe er seit 20 Jahren nicht mehr erlebt, fügt er hinzu.

Im Rehabereich möchte Helios die Gehälter einfrieren, in den Akutkliniken soll eine neue Gehaltstabelle eingeführt werden, die für rund die Hälfte der Beschäftigten ein Minus im Portemonnaie bedeuten würde. Ver.di fordert für die insgesamt 5600 Beschäftigten dagegen eine Anhebung der Gehälter um 7,5 Prozent, mindestens aber monatlich zusätzlich 200 Euro, dazu Weihnachtsgeld und eine Beschäftigungsgarantie. Helios hat bisher nur dem medizinischen Klinikpersonal 3,5 Prozent Zuwachs angeboten. Helios-Regionalgeschäftsführer Jörg Reschke rechtfertigt sich mit angeblich zu hohen Kosten im Servicebereich. Erklärtes Helios-Ziel ist es, die Rendite in fünf Jahren um 15 Prozent zu steigern. Die Rechnung kann nach Worten von Dilcher nur aufgehen, wenn das Personalbudget massiv heruntergefahren wird.

Während sich der neue Klinikriese laut ver.di zunehmend als Gesundheitsdiscounter darstellt, ziehen auch international angesehene Mediziner die Reißleine. So hat der Chefarzt der Orthopädie an der Damper Ostseeklinik, Steffen Oehme, seinen Vertrag gekündigt und zu einer Klinik in Eckernförde gewechselt. Er distanzierte sich deutlich von betriebswirtschaftlich ausgeprägten Zielvorgaben bei Helios.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal