Per Anreiz auf den Arbeitsmarkt

Mitte-Links-Regierung vereinbart Steuersenkungen mit bürgerlicher Opposition

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Arbeitslose sollen sich in Dänemark mehr um Jobs bemühen - dafür gibt es Abstriche bei der Sozialhilfe.

Nach schwierigem Verlauf mit vielen taktischen Spielereien hat sich die sozialdemokratisch geführte Minderheitsregierung Dänemarks mit der konservativ-liberalen Opposition am Wochenende auf Steuersenkungen geeinigt, die den Arbeitsmarkt stärken sollen. Primäres Ziel ist es, das Arbeitskräfteangebot langfristig zu erhöhen, obwohl gegenwärtig 160 000 Dänen erwerbslos sind. Für Beschäftigte soll es attraktiver werden, im Arbeitsmarkt zu verbleiben, und Arbeitslose sollen angespornt werden, schneller und selbstständig Jobs zu suchen.

Im Finanzministerium rechnet man damit, dass die Steuererleichterungen bis zu 15 000 Personen im Arbeitsmarkt halten werden. Diese Erwartung basiert jedoch auf theoretischen Modellen, wie Menschen reagieren, wenn ihnen ein Zuckerbrot in Form von Steuererleichterungen geboten wird. Diese sollen in einigen Jahren, wenn die Reform voll wirksam ist, für Familien bis zu 3000 Euro jährlich betragen, während Alleinstehende mit oder ohne Kind zwischen 700 und 1200 Euro mehr zur Verfügung haben.

Finanziert werden soll die Reform durch wesentlich langsamere Erhöhungen von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe als bisher. Zudem müssen Banken eine Rentabilitätsabgabe über ihre Unternehmensbesteuerung hinaus leisten. Dazu kommen Kürzungen im Verteidigungsetat von 365 Millionen Euro und die Senkung des dänischen EU-Beitrages um 134 Millionen Euro.

Erste Meinungsumfragen deuten auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung hin. Der Gewerkschaftsbund hat jedoch große Bedenken, dass das Arbeitskräfteangebot in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit erhöht werden soll. Lohndruck und -dumping werden befürchtet.

Als Resultat der Steuerreformeinigung kündigte die oppositionelle rot-grüne Einheitsliste an, dass man sich nicht länger als Teil der parlamentarischen Basis der Regierung sieht. Bis wenige Stunden vor der Übereinkunft mit der bürgerlichen Opposition hatten die Regierungsparteien auch mit der Einheitsliste verhandelt. Nach ihren Angaben war eine Vereinbarung, die auch ein Ausbildungspaket für arbeitslose Jugendliche vorsah, beinahe unterschriftsreif. Die verantwortlichen Minister sprachen jedoch von mangelnder Flexibilität, die einen Abschluss verhinderte. Da die Sozialdemokraten und die Volkssozialisten abhängig sind von den Stimmen des dritten Koalitionspartners, der linksliberalen Radikalen Partei, hatten die bürgerlichen Parteien einen taktischen Vorteil. Die Radikalen wie auch die Sozialdemokraten wollten eine breite Unterstützung der Reform erreichen, um ihre politische Haltbarkeit zu sichern.

Allerdings lehnt eine Mehrheit der Anhänger der sozialdemokratischen und der volkssozialistischen Partei die Reform ab. Beide befinden sich seit Wochen im freien Fall in den Meinungsumfragen, betonen aber, dass ihnen eine volkswirtschaftlich verantwortbare Steuerreform äußerst wichtig war. Mögliche Konsequenz der Einigung mit den bürgerlichen Parteien ist eine Regierungskrise im Herbst, wenn der Staatshaushalt 2013 verhandelt wird. Die Einheitsliste verlangt bereits jetzt Kompensationen für die Einbußen, die Arbeitslose erleiden werden, während die Opposition vorab ihr Nein signalisierte.

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