Förderschule fördert nur den Schulabbruch

Caritas-Studie sucht nach Gründen für gescheiterte Bildungskarrieren

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Caritas untersuchte in einer bundesweiten Studie, welche Faktoren die Quote von Schulabbrechern beeinflussen. Demnach sind Förderschulen ein Garant für Misserfolge. Zudem ist die Arbeitslosenquote im Schulumfeld offenbar von großer Bedeutung.

Die deutsche Bildungslandschaft ist äußerst abwechslungsreich: Da gibt es Städte wie das mecklenburgische Wismar, in der jeder vierte Schüler die Schule ohne einen Abschluss verlässt. Im bayerischen Forchheim ist es hingegen nur jeder 40. Schüler. Doch wo liegen die Ursachen für dieses massive Bildungsgefälle? Bildungsforscher sehen hier einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserwerb. Je geringer der soziale Status der Eltern, desto schlechter auch der Schulabschluss der Kinder.

Nun hat der Deutsche Caritasverband die Studie »Bildungschancen vor Ort« vorgelegt, die nach den Gründen für Schulabbrüche sucht. Dazu beauftragte man das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) mit der Analyse möglicher Einflussfaktoren. Wie der Vorsitzende des Caritasverbandes, Georg Cremer, bei der Präsentation der Studie erläuterte, habe man im Vorab vermutet, dass Migrationshintergrund, finanzielle Lage der Kommunen oder die Siedlungsstruktur erheblichen Einfluss auf die Bildungskarrieren hätten. Doch nach Auswertung der Ergebnisse ist klar, dass ganz andere Faktoren den Schulabbruch begünstigen. Demnach entpuppten sich Förderschulen mit ihrem sonderpädagogischen Unterricht als Abbruchsbeschleuniger. Steigt der Anteil von Förderschülern etwa um einen Prozentpunkt, dann liegt die erwartete Quote an Schulabbrechern um 0,6 Prozent höher. »Das ist eine sehr starke Auswirkung, die auch widerspiegelt, dass wenige Förderschüler überhaupt einen Hauptschulabschluss erreichen«, unterstrich Cremer. Das ist Wasser auf die Mühlen all jener, die die Förderschulen abschaffen wollen. Viele Bildungsforscher fordern stattdessen, die Kinder zu inte-grieren und an Regelschulen zu unterrichten.

Den zweitgrößten Einfluss auf den Bildungserfolg hat die örtliche Arbeitslosenquote. Eine hohe Erwerbslosigkeit wirkt offenbar auch im Schulsystem demotivierend und hat zudem soziale Folgen, die sich auf die Lernbereitschaft der Kinder negativ auswirken. Die Zahlen der Studie sprechen hier eine deutliche Sprache: Wenn die Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt steigt, klettert die Quote an Abbrechern um 0,23 Prozentpunkte.

Einen weit geringeren, aber trotzdem noch nachweisbaren Einfluss auf die Quote hat demnach der Anteil von ausländischen Schülern. Zudem scheinen die von Bundesland zu Bundesland variierenden Schulsysteme von großer Bedeutung. Selbst wenn es überall in Deutschland dieselben sozioökonomischen Voraussetzungen gäbe, so der Caritas-Genralsekretär, würde Mecklenburg-Vorpommern immer noch eine deutlich höhere Abbrecherquote haben als der Rest der Republik.

Keinen messbaren Einfluss hat hingegen die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen. Damit könne das Argument nicht länger gelten, »dass verschuldete Kreise weniger Möglichkeiten haben, ihren Jugendlichen zu einem Hauptschulabschluss zu verhelfen«, betonte Caritas-Präsident Peter Neher Wichtig sei, dass sich die »entscheidenden Akteure vor Ort aktiv für benachteiligte Kinder und Jugendliche« einsetzten, so Neher. Außerdem scheint es unerheblich, ob in einem Landkreis oder in einer Kommune viele oder wenige Schüler die Hauptschule besuchen. Der Besuch einer Hauptschule vergrößert offenbar nicht das Risiko eines vorzeitigen Schulabbruchs.

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