Wachwechsel bei Sachsens Linksfraktion perfekt

Landeschef Gebhardt löst Hahn ab und kündigt neue Taktik an

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Sachsens Linksfraktion steht unter neuer Führung: Landeschef Rico Gebhardt wurde als neuer Vorsitzender gewählt. Sein Vorgänger André Hahn soll in den Bundestag wechseln.

Erstmals seit elf Jahren gibt es in der LINKEN in Sachsen wieder eine Personalunion bei Landes- und Fraktionsvorsitz. Rico Gebhardt, der seit 2009 an der Spitze der Landespartei steht, wurde gestern auch an die Spitze der Fraktion gewählt. Für den 49-Jährigen stimmten 16 der anwesenden 27 Abgeordneten, was einem Ergebnis von 59,2 Prozent entspricht. Gebhardt löst den gleichaltrigen André Hahn ab. Der langjährige parlamentarische Geschäftsführer hatte 2007 die Nachfolge von Peter Porsch an der Spitze der stärksten Oppositionsfraktion im sächsischen Landtag angetreten. Zunehmend war aber kritisiert worden, dass die Fraktion unter seiner Führung unter ihren Möglichkeiten blieb. Nach der Landtagswahl 2009 hatte sich Gebhardt deshalb schon einmal überraschend in einer Kampfkandidatur gegen Hahn um den Fraktionsvorsitz beworben. Damals war er aber noch deutlich gescheitert.

Diesmal erfolgt der Wachwechsel im Einvernehmen. Der nun gefundenen Lösung zufolge übernimmt Hahn von Gebhardt das Amt des innenpolitischen Sprechers. 2013 soll er neben Bundeschefin Katja Kipping als sächsischer Spitzenkandidat in die Wahlen zum Bundestag ziehen. Für eine solche Doppelspitze hatte sich Mitte Juni ein kleiner Parteitag ausgesprochen.

Der neue Fraktionschef kündigte gestern eine veränderte politische Taktik an. Die »Zeit der ermüdenden Frontalangriffe auf eine vermeintliche Festung CDU« sei vorbei, sagte Gebhardt. Die LINKE wolle sich statt dessen stärker darauf konzentrieren, Alternativen zu entwickeln und politische Netzwerke aufzubauen, um sie zu popularisieren. Es reiche nicht mehr zu sagen, was die anderen falsch machen; die LINKE müsse Alternativen entwickeln und, anders als bei Entwürfen wie dem Alternativen Landesentwicklungskonzept ALEKSA von 2004, auch konsequent auf deren Umsetzung hinarbeiten. Früher hätten dem oft Selbstzweifel am eigenen Vermögen entgegen gestanden.

Gebhardt setzt auch auf neue Partner innerhalb und außerhalb des Parlaments. Im Landtag solle mit SPD und Grünen auf Augenhöhe gesprochen werden. Dazu »dürfen wir nicht immer unsere eigene Stärke vor uns hertragen«. Generell wolle die Fraktion verstärkt zum Dialog einladen. Der Regierungsbürokratie solle eine »emanzipierte Schwarmintelligenz« entgegen gesetzt werden. Man wolle diejenigen ansprechen, die an politischen Debatten »bisher nicht beteiligt wurden«.

Zugleich will Gebhardt den Potenzialen der Fraktion stärker zur Entfaltung verhelfen. Bisher seien viele gute Initiativen in einzelnen Politikbereichen erarbeitet worden; zugleich wurde bei Wahlprogrammen oder in Etatdebatten peinlichst auf Ausgewogenheit geachtet. Es sei zu wenig ressortübergreifend gearbeitet worden. Gebhardt äußerte in der Fraktion die Überzeugung, dass »wir ein wunderbares Orchester abgeben können«. Außerdem solle stärker das Gefühl vermittelt werden, dass auch die LINKE ihre politischen Ideen mit Lust vertritt.

Gebhard betonte gestern, dass die Wahl noch keine Vorentscheidung über die Aufstellung zur Landtagswahl 2014 sei. Der Spitzenkandidat soll erst im Oktober 2013 gekürt werden. Der zuletzt oft als Favorit gehandelte Abgeordnete, der Finanzpolitiker Sebastian Scheel, benötigte gestern zwei Anläufe, um als einer von fünf Fraktionsvizes gewählt zu werden.

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