Griechische Faschisten stärken ihren Einfluss

»Chrysi Avgi« punktet mit Rassismus

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Einzug der offen faschistischen Chrysi Avgi (Goldene Morgendämmerung) ins Parlament war ein Schock für die griechische Gesellschaft.

Eine der ersten Aktionen der griechischen Koalitionsregierung aus konservativer Nea Dimokratia, nach rechts gerückter sozialdemokratischer PASOK und sozialdemokratischer DIMAR ist die Änderung des erst 2010 von der PASOK verabschiedeten Gesetzes zur Einbürgerung langjährig legal im Lande lebender Migranten und ihrer hier geborenen Kinder. Die Verschärfung der Bedingungen für den Erwerb der griechischen Staatsbürgerschaft ist auch auf den Wahlerfolg der faschistischen Chrysi Avgi zurückzuführen.

Als die Faschisten am 6. Mai ihr Wahlergebnis von 2009 mit über 441 000 Stimmen mehr als verzwanzigfachten, wurde dies allgemein noch mit der Funktion der Partei als Ventil für die verbreitete Wut auf »das korrupte politische System« erklärt. Die Wähler hätten gar nicht gewusst, was für einer Partei sie ihre Stimme geben.

Diese These lässt sich nach dem neuerlichen Wahlerfolg der Chrysi Avgi am 17. Juni (426 000 Stimmen - 6,9 Prozent) nicht mehr aufrecht erhalten. Antifaschisten, Medien aber auch die Partei selbst hatten in der Zwischenzeit jeden Zweifel an der Identität der Chrysi Avgi ausgeräumt.

Fast täglich verübten Mitglieder oder Anhänger der bekennenden Holocaustleugner teils mörderische Angriffe auf Migranten. So brachen beispielsweise in der Nacht vom 11. Juni faschistische Schläger in die Häuser ägyptischer Fischer nahe Athen ein und verprügelten die Bewohner, von denen einer ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Wenige Stunden zuvor hatte die Chrysi Avgi auf einer Wahlkundgebung in dem Ort angekündigt, gegen die ägyptischen Fischer, die den einheimischen die Arbeit wegnähmen, vorzugehen.

Wer darauf gesetzt hatte, dass solche brutalen Angriffe die Partei Stimmen kosten, wurde enttäuscht. Die international registrierten Faustschläge ihres Pressesprechers Ilias Kasidiaris ins Gesicht der kommunistischen Abgeordneten Liana Kanneli brachten der Facebookseite der Partei noch am selben Tag etwa 6000 Gefällt-mir-Klicks. Offensichtlich von der Zustimmung ermuntert, griffen am 6. Juli, unmittelbar nach einer antifaschistischen Demonstration im Stadtteil Nikaia von Piräus, Mitglieder der Chrysi Avgi eine Gruppe Pakistaner an. Als die sich in ihrer Wohnung einschlossen, brachen die Faschisten die Tür auf und schlugen drei der Migranten krankenhausreif.

Daneben punktet die Partei mit rassistischen Kampagnen wie dem eine »Blutbank nur für Griechen« oder der Forderung nach Verwendung der Wahlkampfkostenerstattung für sozial schwache »griechische Familien«, denen auch die Autos der Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden sollen. In Zeiten der Krise fällt die Strategie der Faschisten, Linke und Migranten zu Sündenböcken für die Misere zu machen, bei einem Teil der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden. Eine Politik, die Migranten als »hygienische Bomben« und Hauptverantwortliche für die Kriminalität bezeichnet, Abschiebelager für illegal Eingewanderte baut und Hunderttausende »Papierlose« ohne jede staatliche Unterstützung lässt, konterkariert die Anstrengungen antifaschistischer Initiativen und Bürgerversammlungen, dem wachsenden faschistischen Einfluss in Griechenland Einhalt zu gebieten.

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