Grummeln im POM-Bauch

Bundespolizisten sind gefrustet, die Gewerkschaft sagt: Es ist schon alles kaputt reformiert

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Präsidenten kommen und gehen, der POM (Polizeiobermeister) macht seinen Dienst - mit Grummeln im Bauch und wenig Vertrauen in die abermaligen Reformen, die Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) der Bundespolizei zumuten will.

»Friedrichs Polizeiputsch muss gestoppt werden, bevor er vollendete Tatsachen schafft und damit weiteres Unheil anrichtet«, fordert der Bundestagsabgeordnete Jan Korte und freut sich, dass nach seiner Linksfraktion nun auch SPD und Grüne die schnellstmögliche Einberufung des Bundestagsinnenausschusses fordern. Dort soll Friedrich Klartext reden, warum er die komplette Führung der Bundespolizei feuerte und was er meint, wenn er sagt, die Bundespolizei müsse »immer beweglich und modernisierungsfähig« sein.

»Macht mal«, meint einer von denen, die blaue »Monteursklamotten« mit Adler am Arm tragen. »Nichts gegen die Montur«, lästert er, »die ist wertvoll, es gibt nur eine pro Mann«. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung sehen, sagt K. Die Art und Weise, wie man »selbst Führungsleute kegelt«, macht ihm keinen Mut zur Wahrnehmung seiner bürgerlicher Rechte. Sein Rat an die Medien: »Schaut euch lieber mal an, wie es in der Truppe aussieht. Von wegen Sicherheit, lachhaft.«

Wie es drinnen ausschaut, kann man zusammengefasst sowohl in der »Beerlage-Studie« des Bundesinnenministeriums (vorgelegt 2009) als auch in der 2011er »Strohmeier-Studie« der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nachlesen.

Irmtraud Beerlage von der Universität Magdeburg-Stendal stellte massive quantitative Arbeitsbelastungen fest, die sich negativ auf das psychische Wohlbefinden der Polizisten auswirken. Die Burn-out-Quote lag 2007 bei 15 Prozent, 2008 waren 25,4 Prozent am Rande des Zumutbaren.

Gerd Strohmeier von der Chemnitzer Universität schrieb, dass »die Schere zwischen den Aufgaben und Herausforderungen der Bundespolizei einerseits und den dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen andererseits immer weiter auseinanderläuft«. Eine Zusammenfassung beider Studien plus der aktuellen Vorgänge bietet Josef Scheuring, der in der GdP die Bundespolizei vertritt: »Wir haben die Schnauze so richtig voll!« Ihm ist »schleierhaft«, was der Minister denn noch will. »Es ist doch schon alles kaputt reformiert. Der ›Laden‹ ist hin.«

Typische Übertreibung eines Gewerkschaftsfunktionärs? Kaum. Auch K. ist »jeden Tag wieder stinksauer« und hat wie 80 Prozent seiner Kollegen nicht das geringste Vertrauen in die politische Führung. Solch bei 5000 Polizisten nachgewiesener und wissenschaftlich hochgerechneter Frust muss den obersten Dienstherren umtreiben, schließlich geht es um die »Prätorianer« des Systems.

K. hat drei matte Sterne auf den Schultern, die ihn als Polizeiobermeister, kurz POM ausweisen. Jeder vierte Beamte im Vollzugsdienst der Bundespolizei ist in der Position. Und dann geht nichts mehr. 3000 POM sind zwischen 40 und 50 Jahre alt, 300 darüber. POM sind die, die man jedes Wochenende zur Bundesliga- oder Nazidemo-Begleitung abstellt. Oder man ordnet sie quer durch die Bundesrepublik ab. Wenn man alle »Ausgeborgten« an die heimischen Dienststellen zurückholen würde, dann würde alles zusammenfallen. Das geht jedoch gar nicht, weil viele der zum G8-Gipfel beschafften Einsatzfahrzeuge inzwischen achsenlahm geworden sind. Doch der Führung waren Hubschrauber wichtiger.

POM bedeutet auch: Besoldungsgruppe A 8 - und »Pumpe«. Doch es ist nicht so, dass es generell am Gelde mangelt. 93 Erwählte wurden - Diktatur hin oder her - nach Saudi-Arabien geschickt, um Grenzschützer zu drillen. Dafür bekam jeder pro Tag 150 Euro Honorar zum Lohn dazu. Die Regierung gab dafür bislang 2 267 929,16 Millionen Euro aus.

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