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Nazis zücken Messer

Antifaschist in Lüneburg verletzt - schon mehrere Stech-Attacken in Niedersachsen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einem Messer ist der engagierte Antifaschist Olaf Meyer am Mittwochabend in Lüneburg aus einer Gruppe von Nazis heraus verletzt worden. Dies ist die nunmehr dritte Messerattacke, die Rechtsradikale im August in Niedersachsen verübt haben.

Olaf Meyer ist den Nazis seit langem verhasst. Seit Jahren betätigt er sich in der Antifaschistischen Aktion Lüneburg-Uelzen, im Netzwerk gegen Rechtsextremisten und in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Deren Büro im Lüneburger Gewerkschaftshaus hatte Meyer am Mittwoch verlassen, als zwei mit Basecaps und Sonnenbrillen vermummte Männer von hinten auf ihn zu treten. »Hallo, Olaf«, ruft einer der beiden. Meyer dreht sich um - und schon sticht einer der Unbekannten auf ihn ein. Zum Glück reagiert der Attackierte mit einer abwehrenden Bewegung, trägt »nur« einen Schnitt am Arm davon. Meyer rennt weg, die Wunder muss im Krankenhaus genäht werden.

Auf Solidarität setzen

»Schlimmer als die Verletzung ist der Schreck«, sagte Meyer gestern im Gespräch mit »nd«. Er ist sich gewiss, dass er Opfer eines Nazi-Überfalls geworden ist. Kurz vor seinem Besuch des Gewerkschaftshauses war ihm an einem Zebrastreifen ein Auto aufgefallen, in dem vermutlich Nazis saßen - und von denen einer auf Meyer zeigte, so als wolle er sagen: »Der da - das ist er!«

So schmerzhaft der Schnitt, so tief der Schrecken: Meyer will sich aber nicht einschüchtern lassen. »Ich werde mich weiter gegen den Faschismus engagieren«, kündigt er an. Auch die vielen bisherigen Attacken haben ihn nicht mutlos werden lassen. Schon in Uelzen, wo er früher gelebt hat, haben ihm seine Gegner in den 1990er Jahren übel mitgespielt: »Ich bin verprügelt und mit Messern gestochen worden, man hat mir die Fensterscheiben eingeworfen und das Haus, in dem ich wohnte, mit Naziparolen beschmiert.«

Von der Polizei erwartet Olaf Meyer kaum Hilfe gegen Nazi-Angriffe, und so hält er sich ihr gegenüber mit Aussagen zu dem jüngsten Überfall zurück. Womöglich ist das auch auf ungute Erfahrungen zurückzuführen, die der Aktivist bei Polizeieinsätzen gegen Atomkraft-Gegner gemacht hat.

Im Kampf gegen Nazi-Aktivitäten setzt Meyer lieber auf die Solidarität antifaschistischer Kräfte. Solidarität mit dem Verletzten hat auch das Team des Lüneburger Gewerkschaftshauses bekundet. »Die feige Attacke ist ein Angriff auf uns alle«, bekräftigt DGB-Regionsgeschäftsführer Matthias Richter-Steinke. Die erschreckende Brutalität werde für die Gewerkschafter ein Ansporn sein, um so mehr gegen die extreme Rechte aktiv zu werden.

Zur Festnahme nicht in der Lage

Bereits am 10. August waren Nazis in Niedersachsen mit Messern auf Gegner der braunen Gesinnung losgegangen. An jenem Tag hatte die Kampagne »Nazis die Räume nehmen« auf dem Opernplatz in Hannover einen Stand aufgebaut. Abends tauchten dort bekannte Rechtsradikale auf. Einer zog sein Messer und »stach mehrfach nach einem Antifaschisten«, so die Kampagne.

Wenige Stunden später starteten Nazis, darunter auch die Angreifer vom Opernplatz, eine weitere Attacke. Sie bedrängten in Barsinghausen, einer Kleinstadt bei Hannover, auf offener Straße mehrere Antifaschisten. Einer von ihnen wurde durch Messerstiche aus den Reihen der rechten Rotte verletzt. Wie die Kampagne berichtet, habe die Polizei das Messer sichergestellt, sei aber nicht in der Lage gewesen, die Nazis festzunehmen. »Im Gegenteil, sie trat den Antifaschisten aggressiv gegenüber.« Dieses Verhalten sei nicht verwunderlich »nach dem Versagen der Behörden im Fall des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU«.

»Dieser Angriff reiht sich ein in eine ganze Serie von Attacken auf Nazigegner in Niedersachsen«, erklärte die innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Landtag, Pia Zimmermann. Die Landesregierung sei gefordert, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Antifaschistisches Engagement dürfe nicht kriminalisiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. »Man muss es fördern.« Solange Nazigegner als Kriminelle dargestellt würden, fühlten sich Nazis zu ihren Übergriffen legitimiert.

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