Unglaubwürdig

Martin Kröger zu Berliner Folgen des NSU-Skandals

  • Lesedauer: 2 Min.
CDU-Innensenator Frank Henkel wird in den nächsten Tagen zeigen müssen, ob er als Aufklärer taugt. Dass er im Fall des LKA-V-Mannes und NSU-Unterstützers Thomas S. schnellstmöglich für Klarheit Sorgen muss, liegt auf der Hand. Denn bereits jetzt ist das Zutrauen von Migranten in die Sicherheitsorgane und Behörden durch die Mordserie des rechtsextremen Zwickauer Terrortrios in diesem Land stark beschädigt. Sollte sich tatsächlich bewahrheiten, dass Hinweisen des V-Mannes Thomas S. auf den Aufenthaltsort der mordenden Neonazis im Jahr 2002 von Berliner Behörden nicht nachgegangen wurde oder diese nicht weitergeleitet wurden, erreicht das Staatsversagen in dieser Sache eine neue Dimension. Auch der letzte Funken Vertrauen in die Behörden hat sich dann erledigt.

Ziemlich unglaubwürdig muten im Nachhinein betrachtet auch die Aussagen der führenden Spitzen des Berliner Verfassungsschutzes und der Polizei zum NSU-Komplex und möglichen Spuren nach Berlin an. Im »nd«-Interview Ende April dieses Jahres etwa betonte Berlins Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid, »dass sämtliche Punkte, die auf Berlin hindeuten, intensiv untersucht worden sind«. Das Ergebnis: Es gäbe keine Hinweise darauf, dass es eine direkte Verbindung von Terrorzellen-Mitgliedern zu Berliner Rechtsextremisten gegeben habe. Auch Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers erklärte im Januar diesen Jahres im Innenausschuss, dass die Polizei trotz umfangreicher Ermittlungen »keine konkreten Anhaltspunkte« für eine Spur der Rechtsextremisten nach Berlin gefunden habe.
Nun schränkten sowohl Schmid als auch Koppers ihre Aussagen mit den Ergänzungen »bisher«, nach »derzeitigem Kenntnisstand« ein. Angesichts der nur schwer fassbaren rassistischen Verbrechensserie der Nazis trauten die Behördenleiterinnen offenbar auch selbst ihren eigenen Informationen nicht ganz über den Weg. Und wirklich: Beim NSU ist rein gar nichts auszuschließen.
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