Seit 1961 existiert unser Wohnungsmietvertrag, mit dem auch vereinbart wurde, dass ein kleiner Mietergarten dazugehört. Für diesen wurden noch nie Pacht oder zusätzliche Miete verlangt. Jetzt aber sollen wir plötzlich dafür bezahlen. Wie ist dieser Sachverhalt zu beurteilen? Gibt es nicht einen Bestandsschutz für DDR-Mietverträge?
Günter B., Annaberg-Buchholz
In früheren Mietverträgen war es üblich, dass neben der Wohnung ggf. auch die Überlassung eines Mietergartens vereinbart wurde. Bei Neuvermietungen wird meistens für solche Mietergärten - wie auch für Garagen, die dem Vermieter gehören - ein gesonderter Vertrag verlangt.
Gehört aber, wie in diesem Fall ein Garten (oder eine Garage) zum Wohnungsmietverhältnis, ist der Vermieter an die wohnungsmietrechtlichenVorschriften gebunden. Bei einer erstmaligen Entgeltforderung oder bei einer Erhöhung des Entgelts kann er das nur unter Beachtung der Vorschriften für Mieterhöhungen tun, die für zustimmungspflichtige Mieterhöhungen bei Wohnungen gelten (§557 ff BGB). D.h. der Vermieter muss sich bei seiner erstmaligen Entgeltforderung für den Mietergarten (wie auch bei jeder Entgelt-Erhöhung) formgerecht so verhalten wie bei einem Mieterhöhungsverlangen.
Will er den Garten (oder die Garage) kündigen, muss er das gesamte Mietverhältnis kündigen. Aber dafür gibt es in der Regel keine Handhabe (Ausnahme: Teilkündigung nach §573b BGB).
Zum besseren Verständnis der Rechtslage: In der Zeit von 1991 bis Ende 1997 galten für den ehemaligen DDR-Wohnraum Übergangsvorschriften, die schrittweise Erhöhungen der Miete für Wohnraum zuließen und dies mit der Ortsüblichkeit begrenzten (1). Diese Überleitungsvorschriften sahen jedoch nicht vor, Miete oder Pacht für Haus- bzw. Mietergärten zu erhöhen oder neu zu verlangen und zu vereinbaren.
Lediglich für Garagen oder ähnliche Einstellplätze ließ die Zweite Grundmietenverordnung zu, dass Entgelte bis zu 15 Mark gefordert oder erhöht werden können. Für Mietergärten sahen die Überleitungsvorschriften keine Regelungen vor
Erst ab dem 1. Januar 1998 ist es zulässig, u.a. auch für Mietergärten erstmalig ein Entgelt zu verlangen und zu vereinbaren bzw. zu erhöhen.
Manche Vermieter haben schon vor diesem Stichtag Entgelte gefordert oder erhöht. Mieter wehrten sich damals kaum und zahlten. Andere Vermieter ließen zunächst alles beim Alten, sahen dann aber die neue Einnahmemöglichkeit und verlangten nun auch für die Gärten ein Entgelt. Dafür gibt es seit 1. Januar 1998 ebenso wenig Bestandsschutz wie bei Mieterhöhungen überhaupt.
Entgelte für Mietergärten können bis zur ortsüblichen Höhe verlangt werden. Wie diese ortsübliche Höhe für Mietergärten aussieht, weiß niemand genau, weil es keine örtlichen Übersichten darüber gibt. Als Orientierung für die Untergrenze könnte die Kleingartenpacht (Bundeskleingartengesetz) und als unzulässige Höchstgrenze das Nutzungsentgelt für Freizeitgrundstücke nach der Nutzungsentgeltverordnung betrachtet werden. Wird mehr als das Ortsübliche verlangt, müssen Mieter nicht zustimmen.
Mieter, die mit Entgeltforderungen für ihren Mietergarten konfrontiert werden sollten sich erkundigen, welche Entgelte bei anderen Vermietern im Ort oder Stadtbezirk gefordert und bezahlt werden. Überhöhten Forderungen sollte nicht zugestimmt werden.
Die Entgelterhöhungsforderung für einen Garten, der Bestandteil eines Wohnungsmietvertrages ist, muss als zustimmungspflichtige Mieterhöhungserklärung - wie bei Wohnraum üblich - dem Mieter zugestellt werden. Werden dabei Formvorschriften nicht beachtet (Begründung, Zustimmungsfrist und Zustimmung selbst), ist die Erklärung unwirksam. Vermieter und Mieter haben aber die Möglichkeit einer freiwilligen Vereinbarung. Eine Entgelterhöhung für den Mietergarten oder die Garage löst übrigens auch die Jahressperrfrist aus, wie für die Erhöhung der Wohnungsmiete (§§557, 558, 558a und 558b BGB).
Bitte beachten: Diese Antwort bezieht sich nur auf Mietergärten, die Bestandteil eines Wohnungsmietvertrages sind.Werden solche Gärten mit einem Extravertrag neben dem Wohnungsmietvertrag vermietet, gilt als Orientierung die ortsübliche Höhe.
(1) Die Überleitungsvorschriften waren die Erste und Zweite Grundmietenverordnung und das Mietenüberleitungsgesetz. Ab 1. Januar 1998 galt dann auch für DDR-Wohnraum das Miethöhegesetz. Dieses Gesetz ging mit der Mietrechtsreform , die am 1. September 2001 in Kraft trat, größtenteils in die neuen Mietrechtsvorschriften des BGB ein.
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!