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  • Nordische Skimeisterschaft in Oberstdorf: Überragende Könner wie Jens Weißflog und einige Wermutstropfen

Bei Gala kam nicht nur Freude auf

  • unserem Berichterstatter VOLKMAR RUSSEK
  • Lesedauer: 3 Min.

Jens Weißflog rutschte das Wort vom „Mistbock“ heraus, als er nach seiner Meinung zur kleinen Oberstdorfer Schanze befragt wurde, und einige einheimische Zuhörer guckten betreten. Kein Wunder, schließlich hatte der Oberwiesenthaler gerade mit riesigem Vorsprung den Titel gewonnen und war mit Beifall überschüttet worden. Nachfragen auch bei anderen brachten Klärung. Die Anlauf spur ist sehr flach, der Radius vor dem Schanzentisch weit gezogen. „Wer da nicht hundertprozentig den Absprung erwischt, sieht schlecht aus“, erklärte Bundestrainer Rudi Tusch. Können und viel Erfahrung gehören dazu. Nur einer packte es am Sonnabend, eben Jens Weißflog bei seinen 87 und 85,5 m weiten Sätzen. Heiko Hunger (79,5/84 m) und Andre Kiesewetter (80/87,5) freuten sich diebisch über ihren medaillenbelohnten Aufschwung, doch der Rückstand von fast 25 Punkten offenbarte ein allgemeines Dilemma dieser sechstägigen nordischen Landesmeisterschaften.

Hinter manchen glanzvollen Siegern, zu denen die Langläufer Jochen Behle (Willingen) und Gabriele Heß (Oberhof) sowie der Kombinierte Hans-Peter Pohl (Schonach) zählten, klafft eine Lücke, die mit Blick auf die Weltmeisterschaften die Erwartungen bremst. Das Sonnabend-Springen war natürlich ein Extrembeispiel dafür. Insbesondere Skiflugweltmeister Dieter Thoma (Hinterzarten), der sich mit Rang 29 blamierte, dürfte im Februar mehr zuzutrauen sein. „Ich wollte das Ding möglichst schnell abhaken“, sprach er. Ohnehin lag der Termin der Meisterschaften nach Einschätzung der Aktiven recht ungünstig, weil zu nahe am Jahreshöhepunkt. Die meisten WM-Kandidaten befinden sich nach den vielen Weltcup-Einsätzen gerade im Neuaufbau ihrer Form.

Bei Andre Kiesewetter beispielsweise, der zu Saisonbeginn zwei Cupwettbewerbe gewonnen hatte, war das „Auftanken“ bitter nötig. Die Vierschanzentournee verlief ernüchternd, so daß er trotz gegenteiliger Traineraussagen schon an seiner Nominierung für die Auswahl zweifelte. Zwei Wochen hatte der Thüringer nun Zeit, sich zu Hause zu regenerieren. Zehn und mehr Trainingssprünge täglich

lautete das Rezept. Während der weiten Reisen waren maximal drei Proben pro Schanze .möglich. Nun ist er wieder Optimist. Das Sonntagspringen auf der großen Schanze trug noch mehr dazu bei. Er erfüllte sich einen langgehegten Wunsch, denn er siegte mit Weiten von 117 und 108 m sowie 208,0 Zählern vor Jens Weißflog (207,4 Punkte). Platz drei belegte Christof Duffner aus Schönwald (200,3), der im ersten Durchgang mit 118 m einen Schanzenrekord aufstellte, dann aber den zweiten Sprung verpatzte.

Ebenso glücklich wie Kiesewetter ist der Klingenthaler Heiko Hunger. 1985 als Kombinierer schon einmal bei Weltmeisterschaften dabei, sicherte er sich nach seinem vor vier Jahren vollzogenen Wechsel ins Spezialistenlager wieder einen WM-Starplatz.

Zu den weniger angenehmen Begleiterscheinungen zählte das Thema Doping. Nach Uwe Bellmann schüttete auch Holger Bauroth sein Herz aus. Er habe mit der „Pillen-Praxis“ vor Olympia 1988 endgültig Schluß gemacht und sieht das Problem für seine Person damit als erledigt an. Generelle Klärung sei wichtig, momentan wolle er sich aber in erster Linie ruhig auf die WM vorbereiten.

Ergebnisse, Springen, Normalschan-

ze: 1. Weißflog (Oberwiesenthal) 217,0 Punkte (87 m/85,5 m), 2. Hunger (Kimgenthal) 193,1 (79,5/84), 3. Kiesewetter (Zella-Mehlis) 192,0 (80/87,5), 4. Züchner (Oberwiesenthal) 188,8 (80/80,5), 5. Duffner (Schönwald) 188 (82/83), 6. Gebstedt GQberhof) 187,1 (81/80). Großschanze: 1.' Kiesewetter 208,0 (117/108 m), 2. Weißflog 207,4 (106/112,5), 3. Duffner 200,3 (118/104), 4. Kummerlöw (Klingenthal) 178,9 (105/98,5), 5. Heumann (Oberaudorf) 175,6 (103,5/103), 6. Lesser (Oberhof) 174,4 (109/97).

Langlauf, Damen, 10 km (Freistil): 1. Heß (Oberhof) 25:54,2, 2. Opitz (Zella-Mehlis) 26:24,7, 3. Bauknecht (Römerstein) 27:21,9, 4. Wille (Maierhöfen) 27:26,3, 5. Göhler (Oberwiesenthal) 27:50,7, 6. Blum (Zella-Mehlis) 28:04,6. Herren, 15 km (Freistil): 1. Mühlegg (Marktoberdorf) 34:47,4, 2. Behle (Willingen) 35:08,5, 3. Fiedler (Oberwiesenthal) 35:30,5, 4. Grunwald (Oberhof) 35:36,3, 5. Zipfel (Kirchzarten) 35:40,2, 6. Dannhauer (Oberhof) 35:41,2.

Kombination: 1. Pohl (Schonach) 220,6 Punkte, 2. Dufter (Hammer) 202,4 (25,3 s zurück), 3. Abratis (Klingenthal) 199,1 (25,6 s), 4. Wagner (Zella-Mehlis)

190.5 (1:14,5), 5. Müller (Oberstdorf)

189.6 (1:16,1), 6. Leonhardt (Oberwiesenthal) 182,8 (2:12,8).

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