- Wirtschaft und Umwelt
- Energiepolitiker der Stadtwerke Saarbrücken:
Pauschale Stromgebühr ist höchst ungerecht
In den Saarbrücker Stadtwerken schüttelt man nuf den Kopf, wenn von der Energiepolitik die Rede ist, die den neuen Bundesländern übergestülpt wurde und mit der sie den großen Energiekonzernen auf Gedeih und (vor allem) Verderb ausgeliefert sind. „Eine große Chance ist vertan. Die Kommunen haben keinen Spielraum mehr, eigenständige Energiepolitik zu machen“, meint Hans Ferner von den Saarbrücker Stadtwerken. Er führt ? am eigenen Beispiel vor, welche Möglichkeiten den Kommunen da verloren gegangen sind:
„Es ist ein Unterschied, ob ich um jeden Preis Energie verkaufen will oder ob ich mich als Serviceunternehmen verstehe.“ Dazu gehört natürlich ein ganzes Paket: «Fernwärme, Gas, Wasser, Strom, aber auch Servicehilfe beim Heizungskauf, bei der Umstellung von Elektro- auf Gasheizung und von beiden auf Fernwärme. Die Stadtwerke haben die Netzhoheit und damit vor allem die Möglichkeit, das Tarifgefüge mitzugestalten, Gewinne zu machen und diese in Förderprogramme umzusetzen.
Das können andere Versorgungsunternehmen, die sich von größeren Energieproduzenten abhängig gemacht haben, nicht. „Wir sind in der Lage“, so Hans Ferner, „eine Politik der Energiedienstleistung betreiben zu können. Dazu gehört auch, Energie einzusparen. Wir fördern mit unserem Programm diejenigen, die Energie einsparen und bitten die zur Kasse, die verschwenderisch mit ihr umgehen – ein Programm, das total falsch wäre, ginge es uns nur um den Verkauf von Energie.“
Zu diesem Programm gehört auch eine neue Tarifordnung. In ihr gibt es keine hohe pauschale Grundgebühr mehr, die bei einem Thüringer Energieunternehmen jetzt bei sage und schreibe 120 DM jährlich liegt. Man hält das für höchst ungerecht, denn die Grund-
gebühr kommt ja für Stromsparer genauso teuer wie für Stromverschwender. Wer weniger Strom verbraucht, ist also benachteiligt.
Jetzt zählt ein linearer Stromtarif. Es wird nur berechnet, was tatsächlich verbraucht wird. Das Geld für jede eingesparte Stromstunde bleibt voll in der Haushaltskasse. Dadurch sind Sparanreize gegeben, lohnt es sich, strorrisparende Geräte zu kaufen. w >' ' i“-'
Der Külttie kann sieh wahlweise auch für eine zweite Variante entscheiden: den zeitvariablen Tarif. Der Tag wird dann in Zeitzonen eingeteilt mit unterschiedlichen Tarifen – je nachdem, ob zu Spitzenzeiten oder etwa nachts Strom verbraucht wird. Auch hier also die Möglichkeit für den Verbraucher, Stromgeld zu sparen.
Damit wird versucht, das zu verwirklichen, was der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Öko-Institut Freiburg unter dem Stichwort „Energiedienstleistungswirtschaft“ fordern. Es geht ihnen um eine Neuorganisation der Energiewirtschaft, wobei sie „dem Konsens der multinationalen Unternehmen einen Konsens aus Energieeinsparung, regenerativen Energieträgern und effizienter Nutzung fossiler Energieträger“ gegenüberstellen. Dieser Konsens soll im wesentlichen von den Energienutzern und den Gemeinden getragen sein.
„Nur eine regionalisierte, an die örtlichen Gegebenheiten angepaßte Energieversorgung“, so der BUND, „bietet die Chance einer wesentlichen Umweltentlastung.“ Er fordert Entflechtung der Strommonopole und Rekommunalisierung der Energiewirtschaft und auch die Einführung linearer Tarife anstelle der schwachsinnigen pauschalen Grundgebühr, die nun den Verbrauchern in den neuen Bundesländern aufgezwungen wird.
KATRIN PETER
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