Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Ossis im Reisefieber

  • Lesedauer: 3 Min.

Trotz Wirtschaftskrise und wachsender Arbeitslosigkeit hat die Bürger in den neuen Ländern auch dieses Jahr das Reisefieber gepackt. „Die Leute sparen an allem Möglichen, aber eine Reise soll sein.“ So faßt Frank Neubauer vom Magdeburger Reisebüro Schmidt seine Eindrücke zusammen und bestätigt damit die Angaben fast aller seiner Branchenkollegen in einer dpa-Umfrage.

„Nicht zu weit und nicht zu teuer“, könnte man die Nachfrage in der Ex-DDR zusammenfassen. Etwa 600 Mark geben die Ostdeutschen pro Reise und Person aus, ermittelte der Veranstalter TUI. Ein Renner sind Ferienhäuser in ganz Europa. Das traditionell große Angebot aus Dänemark ist seit langem ausgebucht, aber auch Deutschland und Frankreich sind begehrt. Viele Sachsen bevorzugen Häuschen an der heimischen Ostsee auf mittlerem Preisniveau (250 bis 280 Mark pro Woche). Daneben haben auch Ferienwohnungen an Nordund Ostsee, in Bayern, Österreich und Südtirol Hochkonjunktur.

„Der Trend liegt zur Zeit ganz stark bei der individuellen Anreise zum Urlaubsort und der Selbstversorgung“, berichtet Anke Hunger, stellvertretende Geschäftsführerin der Schweriner „Reise-Welt“. Rund 60 Prozent der Buchungen gehen in diese Richtung. Besonders Familien mit zwei, drei Kleinkindern wollen auf diese Weise ihren Geldbeutel schonen. Sie lassen sich, wie die Umfrage ergab, einen 14tägigen Urlaub zwischen 600 und 1 000 Mark kosten.

Ein Hit sind nach wie vor mehrtägige Busreisen, die vor allem nach Spanien, Italien oder auch Griechenland gehen und nicht allzu kostspielig sind. Sie machen 40 Prozent der Buchungen bei „Meyer-Reisen“ in Magdeburg aus. 700

bis 800 Mark pro Woche und Nase halten die Leute „für angebracht“. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr wollten sie mehr Komfort, wenn auch keinen Luxus, heißt es.

„Früher war es den Menschen egal, Hauptsache Paris, gleich welche Unterkunft. Heute soll es schon etwas besser sein“, berichtet Reiseexperte Neubauer. Zwei Wochen Urlaub seien die Regel, da viele um ihren Arbeitsplatz bangten und diesen nicht durch zu lange Abwesenheit aufs Spiel setzen wollten.

Die Ost-Bürger picken sich inzwischen kurzfristig, meist zwei bis drei Wochen vor dem Start, günstige Angebote heraus. Sind es Flugreisen, rangiert Tunesien ganz vorn. Das sei für etliche „schön billig“, erklärt ein Mitarbeiter von Neckermann-Reisen im thüringischen Suhl. Allgemein dürfen Flugreisen nach den Erfahrungen der Reisebüros in Cottbus nicht mehr als 1 000 bis 1 200 Mark kosten. Fernreisen, beispielsweise nach Florida oder Kenia, sind die Ausnahme.

An Attraktivität gewonnen haben die traditionellen osteuropäischen Reiseländer. So besuchen hauptsächlich wegen des günstigen Umtaüschkurses - wieder viele Urlauber Ungarn. Die CSFR und Polen, wo sich das Angebot an Ferienhäusern bis 1992 verbessern soll, fanden ihre Liebhaber, und auch die bulgarische, sowjetische und rumänische Schwarzmeerküste ist nun für jedermann erschwinglich.

Doch nicht jeder in der Ex-DDR kann dem früher unterdrückten Fernweh nachgeben. Der Schweriner Pförtner Jörg von Hofe stornierte seinen für September gebuchten Griechenland-Urlaub umgehend: sein Betrieb stellt überraschend zum 1. Oktober die Arbeit ein. dpa/ND

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal