- Politik
- ÄGYPTEN: Schwerstes Erdbeben in der Geschichte des Nillandes
Kairo in den Grundfesten erschüttert
Mehr als 400 Tote und fast 5 000 Verletzte, 163 eingestürzte Häuser in Kairo - das ist die vorläufige Bilanz des schwersten Erdbebens in der Geschichte Ägyptens.
Seit 1985 wurden im Nilland fünf Erdbeben mit einer Stärke über 4,0 auf der Richterskala registriert. Das Beben vom Montag reichte erstmals an die 6,0-Marke heran. Im Gegensatz zu allen früheren Beben befand sich das Epizentrum nur 40 Kilometer von der Stadt entfernt, in der südwestlich von Kairo gelegenen Geröllwüste. Dies ist insofern ungewöhnlich, als dernächste Grabenbruch östlich, im Golf von Suez, verläuft. Dieses Phänomen läßt befürchten, daß sich die Beben immer mehr unter das afrikanische Festland verlagern.
Hauptsächlich betroffen waren die Kairoer Vororte Gizeh und Qalyubiyah. Im wohlhabenden Viertel Heliopolis und in der südlichen Vorstadt Maadi stürzten zwei 14-Geschosser wie Kartenhäuser ein. Den teuren, großen Renommierbauten wie dem 30 Stockwerke hohen „Ramses Hilton Hotel“ in der City konnte die Wucht des Bebens nichts anhaben. Und auch die 4 500 Jahre alten Pyramiden von Gizeh stehen fest wie eh
und je, wie Premier Sidky unter Hinweis auf Ägypten als Touristenland betonte.
Die größten Schäden sind in den Vierteln der Armen und der Mittelschichten am westlichen Nilufer zu verzeichnen. Sie sind gleichsam ein Hinweis auf ein verwantwortungsloses Herangehen der Regierung an die Bevölkerungspolitik und die Ent-
wicklung der Infrastruktur. Ägyptens Bevölkerung, längst 60 Millionen, wächst alle zehn Monate um eine Million. Kairo zählt offiziell zwölf Millionen Einwohner, doch faktisch sind es 16 Millionen. Der unkontrollierte Zustrom führte in den vergangenen Jahren zu einer Explosion bei den Grundstückspreisen. Immer wieder werden -53 schon unter „normalen Bedingungen“ - Hauseinstürze gemeldet, weil Hausbesitzer auf ihre Fünfgeschosser noch mehrere Etagen aufsetzen lassen, ohne statisches Gutachten, nur mit einem Bakschisch in die immer offenen Hände der Bürokratie. Wären diese Fragen richtig geklärt, so Experten, wäre der Schaden des Bebens um mindestens die Hälfte geringer ausgefallen.
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