Protest gegen Neonazis

Hunderte Gegendemonstranten störten Aufmarsch der Rechtsextremen

  • Martin Höxtermann
  • Lesedauer: 2 Min.
Zum dritten Mal innerhalb von vier Wochen erhielt die baden-württembergische Kleinstadt Schwäbisch Hall unerwünschten Besuch von Neonazis.
An die 150 bis 200 Rechtsradikale, überwiegend Skinheads und einige Altnazis aus den Reihen der so genannten Truppenkameradschaften der Waffen-SS, zogen am Sonnabend ab 14 Uhr unter dem Schutz mehrerer Hundertschaften Polizei durch die Haller Innenstadt, um gegen die dort seit Ende Mai gastierende Wanderausstellung »Verbrechen der Wehrmacht 1941-44« des Hamburger Instituts für Sozialforschung zu demonstrieren. Bereits am 14. und 21.Juni waren 70 beziehungsweise 300 Neonazis in Hall aufmarschiert, mehrere Hundert Gegendemonstranten stellten sich ihnen entgegen. Auch an diesem Sonnabend hatte das örtliche »Bündnis gegen Rechts« 800 bis 1000 Menschen zu einer Gegenkundgebung in der Innenstadt mobilisieren können. Hauptredner war VVN-BdA-Bundessprecher Peter Gingold. Etwa 400 Antifaschisten beteiligten sich anschließend an Gegenaktionen, die in der ganzen Stadt entlang der gesamten Aufmarschroute der Neo-Nazis stattfanden. Aufgrund der massiven und weiträumigen Absperrungen der Polizei konnte der Naziaufmarsch jedoch nicht verhindert werden. Dennoch flogen Äpfel und Kartoffeln in Richtung der rechten Gesinnungstrupps. Die Abschlusskundgebung der Neonazis auf dem abgesperrten Grasmarkt, so berichtete ein Teilnehmer gegenüber ND, konnte durch Pfiffe, Parolen, Tröten und Megaphondurchsagen der Gegendemonstranten übertönt werden. Antifaschisten hatten Lautsprecher in Fenster von Privatwohnungen am Grasmarkt gestellt, um den Platz zu beschallen. »Die Glatzen haben ihr eigenes Wort nicht verstehen können«, berichtete ein Teilnehmer. Die von der Lokalpresse beschworenen Krawalle zwischen linken und rechten Demonstranten blieben aus. Gegen 16 Uhr war der braune Spuk vorbei. Drei Antifas und ein Neonazi wurden vorübergehend festgenommen. Im Vorfeld hatte die Haller Stadtverwaltung versucht, per Demonstrationsverbot den braunen Aufmarsch zu verhindern. Doch sowohl das Verwaltungsgericht Stuttgart als auch der Verwaltungsgerichtshof Mannheim sahen keine »hinreichenden Anhaltspunkte« dafür, »dass aus der Veranstaltung heraus die Verübung von Straftaten zu befürchten ist«, und gestatteten den braunen Aufmarsch durch die Innenstadt. »Eine für uns völlig unverständliche Entscheidung, zumal die Hauptredner Christian Worch aus Hamburg und Holocaust-Leugner Bernhard Schaub einschlägig bekannt sind«, kritisierte Dietmar Winter vom »Bündnis gegen Rechts« die Gerichte. Dennoch habe man mit knapp 800 Menschen sehr viel mehr Menschen mobilisieren können als bei den vorherigen Kundgebungen. Der Besuch der Wehrmachtsausstellung in der Gartenschauhalle von Schwäbisch Hall litt unter ständigen Auseinandersetzungen um die Neonazis. Statt der erwarteten 25000 haben sich nur 10000 Menschen über den »Mythos der sauberen Wehrmacht« informieren wollen. Heute wird die Ausstellung geschlossen und zieht weiter nach Peenemünde, wo sie vom 25. Juli bis 7.September in der »Turbinenhalle« gezeigt wird.

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