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  • Rothenburg ob der Tauber

Der Meistertrunk rettete einst die Stadt

Beliebtester Feiertag ist der Tummelplatz der Geschichte

  • Jochen Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.
Rothenburg ob der Tauber ist so etwas wie ein Synonym für mittelalterliche Baukunst. Jeder, der hierher kommt, ist entzückt vom nahezu einzigartigem Antlitz der über Tausendjährigen. Seit 1974 begeht die Stadt immer Anfang September die Ernennung Rothenburgs zur Freien Reichsstadt im Jahr 1274. Dann verwandeln sich Gassen und Plätze gewissermaßen zu einem Tummelplatz der Geschichte. Man erzählt sich, die Tage des ersten September-Wochenende seien hier die beliebtesten Feiertage für die Bürger und ihre Gäste. Dass dieses städtebauliche Schmuckstück erhalten blieb, so ist überliefert, und beispielsweise vor der Zerstörung im Dreißig-jährigen Krieg gerettet wurde, verdankt es dem trinkfesten Altbürgermeister Nusch. Der hat nämlich auf die Forderung General Tillys hin, einen Humpen Wein in einem Zug geleert. Und das waren immerhin dreieinviertel Liter. Heute noch wird der so genannte Meistertrunk mehrmals im Jahr gefeiert und in der ehemaligen Ratstrinkstube zeigt die Kunstuhr mehrmals täglich immer zur vollen Stunde dieses Spektakel. Aus der Zeit, als Rothenburg Freie Reichstadt wurde, stammt auch die Stadtmauer mit ihren Toren und Türmen, Wehrgängen und Bastionen, die vom Klingertor aus auf einer Länge von 2,5 km begehbar ist. Bei diesem Gang hat man häufig reizvolle Blicke auf die malerischen Gassen mit ihren uralten Fachwerkhäusern. Indes, wer sich die Mühe macht auf den 60 Meter hohen Rathausturm hinaufzusteigen, wird mit noch prächtigeren Aussichten belohnt. Sicher nicht von ungefähr liegt Rothenburg an der Romantischen Straße, die bis nach Augsburg führt. Wer auf ihrem Lauf nur wenige Schritte vor die Tore der Stadt geht, kommt zu erlebnisreichen Begegnungen mit Tilman Riemenschneider. In der kleinen Kirche von Detwang steht die Kreuzigungsgruppe von ihm. Und nur wenige Kilometer weiter in Creglingen ist ebenfalls in der Kirche ein großartiger geschnitzter Altar des Künstlers zu bewundern. Das erste Zusammentreffen mit Tilman Riemenschneider kann es aber schon in der Rothenburger Jakobskirche geben. Hier stellte er 1505 den aus Lindenholz gefertigten Heilig-Blut-Altar fertig. Allerdings hat Rothenburg weit mehr als historische Baukunst zu bieten. Immer im Herbst lädt die Stadt zu den Wanderwochen ein. Und da lernt man sie von einer eher unbekannten Seite kennen. Geführte Wanderungen in das idyllische Taubertal oder hinauf zur Frankenhöhe mit dem unvergesslichen Ausblick auf »das Fränkische Jerusalem« bieten noch manche Überraschung mehr. Beim Winzer einzukehren, wird zuweilen ganz gemütlich. Und eine Erfrischung mit einem kühlen Schoppen ist garantiert zuträglich. Wenngleich der Schluck ja nicht das Volumen des Meistertrunks haben muss. Information: Tourismus Service, Marktplatz, 91541 Rothenburg, Tel. (09861) 40492.

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