Kann eine GmbH wohnen?

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Eine GmbH mietet im Jahr 1993 für 7000 Mark jährlich ein möbliertes Ferienhaus. Ihr Gesellschafter und Geschäftsführer war Miteigentümer der Immobilie. 1997 flatterte der GmbH ein Steuerbescheid ins Haus. Die Gemeinde wollte Zweitwohnungssteuer kassieren und zwar rückwirkend seit Mietbeginn für jedes Jahr 403 Mark. Sie stützte ihre Forderung auf eine kommunale Satzung seit 1992. Dort hieß es, als Zweitwohnung sei jede Wohnung anzusehen, die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs, zu Erholungs-, Berufs- und Ausbildungszwecken nütze. Nach Satzungsänderung 1997 sollten auch juristische Personen, wie eine GmbH, steuerpflichtig sein. Die GmbH wehrte sich gegen die Zweitwohnungssteuer, zog bis zum Bundesverwaltungsgericht und bekam Recht (Urteil vom 27. September 2000, Az. 11 C 4.00). Ausgangspunkt der Zweitwohnungssteuer sei, dass ein Steuerpflichtiger tatsächlich zwei Wohnungen bewohne, erläuterten die Bundesrichter ihre Entscheidung. Dieser Luxus lasse auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen schließen, die mit der Steuer auf die Zweitwohnung getroffen werden solle. Bei einer GmbH sei das jedoch anders. Wenn sie eine »Wohnung« anmiete, diene der Aufwand Ihrer Geschäftstätigkeit und letztlich der Gewinnerzielung. Sie habe, auch wenn sie Räumlichkeiten anmiete, dort keinen Wohnsitz und könne deshalb auch nicht zur Zweitwohnungssteuer herangeszogen werden. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die anders lautende Bestimmung in der gemeindlichen Satzung für verfassungswidrig und unwirksam. Die Gemeinde musste die Steuer zurückzahlen. Das Urteil ist insofern von Interesse auch für Privatnutzer von Grundstücken in Ostdeutschland, die von Gemeinden zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden, als eine genaue Prüfung der Bescheide in Bezug auf die Wohnungsdefinition angesagt ist. Datschen sind oftmals keine »zweite Wohnung«.

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