Jugendtrainer fliegen raus

Wie in Leipzig Vereinszuschüsse »umgeschichtet« werden

  • Michael Müller
  • Lesedauer: 2 Min.
Der »Rückhalt der Bewerbung in der Bevölkerung« war bei der nationalen Vorauswahl der deutschen Olympiastädte im April 2003 nirgendwo so hoch wie in Leipzig: 96 Prozent. Derzeit geht man intern von alarmierenden rund 70 Prozent aus. Und daran sind vorrangig nicht irgendwelche Querelen in der Bewerbungs-GmbH verantwortlich, sondern Beispiele wie dieses: »Am 31. Oktober wird der Leichtathletik-Jugendtrainer Tasso Hanke bei Motor Gohlis Nord arbeitslos. Die Stadt sagt, sie kann die Co-Finanzierung seiner ABM-Stelle nicht mehr bezahlen«, erzählt Roland Krause. Zusammen mit 80 Kindern und Jugendlichen wurde seine Tochter Stephanie (14) bisher von Hanke betreut. Leipzigs Sport-Beigeordneter Holger Tschense schrieb an Krause: »Es gibt keine Reserven oder freie Kapazitäten. Wenn wir Ihrem Antrag auf Co-Finanzierung folgen würden, müsste bei anderen Antragstellern gekürzt werden. Ich denke, dieses wäre auch nicht in Ihrem Sinne.« Jugendtrainer Hanke ist aus gutem, besser: schlechtem Grund kein Einzelfall. Denn von den 310 Millionen Euro Olympia-Sofortprogramm (siehe nebenstehenden Beitrag) »trägt die Stadt Leipzig 32,5 Millionen«, wie das Bundesinnenministerium ND bestätigt. Am Beispiel Hankes und rund 90 seiner Leipziger Kollegen wird deutlich, was der Begriff »Umschichtung von Mitteln« in so einem Finanzierungsfall konkret bedeutet. Familie Krause sieht vor ihren Fenstern das neue Zentralstadion wachsen (»ohne Leichtathletik, nur für Fußball«). Sie registriert auch, wie gleichzeitig das Gohliser »Stadion des Friedens« Jahr für Jahr weiter verfällt. Um Jugendtrainer Hanke bei MoGoNo weiter im Job zu halten, startete sie nun einen Spendenaufruf (Kto-Nr. 1154200090, BLZ 86055592, Sparkasse Leipzig). »10000 Euro brauchen wir bis 31. Oktober. 2000 haben wir erst. Es ist alles so jämmerlich. Aber Olympiastadt werden wollen...«

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.