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Wenn in Quellen anderes steht

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Die Wahrheit allerdings sieht anders aus. Zu den Vorschlägen des „Referentenvorschlags“, die 1956 eben nicht Gesetzeskraft erhielten, gehörte das Recht der „Staatlichen Kommission“, die Verleihung des Grades eines habilitierten Doktors zu bestätigen und über den Entzug wissenschaftlicher Grade zu entscheiden. Die Autoren behaupten wider besseres Wissen, mit dem RAG sei das 1968 durchgesetzt worden. Tatsächlich wurden die gesetzlich verliehenen Promotionsrechte der Universitäten und Hochschulen nie eingeschränkt, und der RAG war kein zentralistisches Bestäti-

gungsorgan für Promotionsverfahren. Der einzige Fall, bei dem sich der RAG rechtmäßig mit dem Entzug des akademischen Grades zu befassen hatte, trat ein, wenn die für den Entzug eigentlich zuständige Fakultät nicht mehr bestand. Der RAG war weder Aufsichtsnoch zentralistisches Steuerorgan. Er befaßte sich generell mit dem Promotionsgeschehen, stellte vergleichende Untersuchungen über das Niveau der Promotionen an, beriet den Minister bei der Zuerkennung des Promotionsrechts an wissenschaftliche Einrichtungen und überprüfte die Rechtlichkeit der Promotionsordnungen der wissenschaftlichen Einrichtungen.

Die Autoren behaupten dann noch, man habe die Konsequenzen der Neugestaltung des Promotionswesens „nur zwischen dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen und den einzelnen Universitäten und Hochschulen beraten. Im Gegensatz zu 1954/56 fand keine breite öffentliche Diskussion an den Hochschulen der DDR statt“ (S. 33). Ihre These von der fehlenden öffentlichen Diskussion „belegen“ Bleek/Mertens mit einer bis auf die Seitenzahlen genauen Quellenangabe. Die Quelle war den Autoren mitgeteilt worden. Sie haben sie dann aber nicht selbst gelesen, denn dort steht das genaue Gegenteil von dem, was sie behaupten. Tatsächlich gab es damals eine umfassende öffentliche Diskussion.

Wie die Autoren aus der seinerzeitigen Feststellung von Steinmetz/Wohlgemuth, die Wissenschaft habe nie von der Gesellschaft isoliert bestanden (Das Hochschulwesen Nr. 5/1955, S. 4) ableiten können, seit 1956 sei das Promotionswesen der DDR „nicht mehr dem Prinzip der .Freiheit von

Forschung und Lehre', sondern der Devise der .Einheit von Wissenschaft und Gesellschaft' sowie von Hochschule und Partei unterworfen“ worden (S. 31), bleibt ihr Geheimnis. Und die Weisheit, daß es an den Universitäten und Hochschulen der DDR „keines rigiden Druckes und keiner offenen Repression durch Parteiinstanzen“ bedurfte, „weil schon die Auswahlmechanismen für die Erweiterte Oberschule und die Hochschulzulassung systemoppositiönelle Kräfte weitgehend ausschlössen“ (S. 81 f.), haben Bleek/ Mertens sicher aus dem Erfahrungsschatz von Widerständlern wie der in der DDR zwangspromovierten Frau Dr. Angela Merkel oder des Herrn Dr. sc. Günter Krause gewonnen.

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