Neue Großschanze in Klingenthal

Im Dezember 2005 soll Weltcup-Springen stattfinden

In Klingenthal stand einst die berühmte Aschberg-Sprungschanze, auf der 1959 der unvergessene Einheimische Harry Glaß - 1956 in Cortina dAmpezzo als Olympiadritter der erste olympische Medaillengewinner der DDR - den Weihesprung vornahm. Der Olympiasieger von 1960, Helmut Recknagel, absolvierte hier vor genau 40 Jahren seinen letzten Sprung. Den allerletzten Sprunglauf-Wettkampf auf der Aschberg-Schanze gab es bei den letzten DDR-Skimeisterschaften 1989, als sich der Oberwiesenthaler Jens Weißflog mit der inzwischen »ewigen« Schanzenrekordweite von 107,5 m den Meistertitel holte. Wer sich heute zum Aschberg begibt, sucht dort nach der legendären Schanze des Vogtlandes vergeblich. Ihm bietet sich ein reichlich trostloser Anblick. Nur noch Reste des alten Kampfrichterturmes sind zu sehen. Ansonsten versperren Fichten und Birken ringsum den Blick. Die Schanze wurde in der Wendephase 1990 vorschnell abgerissen, was auch die vielen Bürgerproteste nicht zu verhindern vermochten. Inzwischen wächst aber im Klingenthaler Umfeld etwas Neues heran. Gut 300 Meter entfernt vom Ortsausgang Klingenthal in Richtung Falkenstein liegt direkt linker Hand an der Falkensteiner Straße ein Terrain, auf dem auf 2,5 ha das »Deutsch-Tschechische Sportzentrum für Wintersport«, so der offizielle Titel dieses ausschließlich von der EU finanzierten Projekts, entstehen wird. Hier am Schwarzberg, unweit der Muldental-Talsperre, wurden im Mai 2003 die ersten Bäume gefällt. Inzwischen schaffen riesige Bagger und Raupen Platz für die neue Großschanze. Die Architekten der etwas futuristisch anmutenden Schanze, die Weiten bis zu 150 Metern zulässt, sind die beiden 33-jährigen Zwillingsbrüder Axel und Jörg Rostock, die einst in Klingenthal zur Schule gegangen sind, dort ihr Abitur erwarben und nunmehr zwei Architektenbüros (in Düsseldorf und London) betreiben. Ihr »Lehrmeister« war übrigens der »Vater« des Münchner Olympiastadions. Ihre Anhänglichkeit zum Wintersport kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Rostock-Brüder dem gleichnamigen Klingenthaler Fan-Klub der Skistaffel-Olympiasiegerin von 1980, Marlies Rostock, angehören, mit der sie nicht verwandt sind. Die Fäden für das neue Schanzen-Bauprojekt, von dem im Augenblick eine ziemlich breite Schneise zu sehen ist, hält übrigens ein im DDR-Sport nicht Unbekannter in den Händen: Alexander Ziron. Der heute 31-Jährige war einst ein erfolgreicher Nordisch-Kombinierer, sprang auf der alten Flugschanze in Planica mal 126 m weit und war DDR-Spartakiadesieger. Der Betriebswirt mit Diplom der TU Chemnitz ist jetzt Geschäftsführer des 600 Mitglieder zählenden Vogtländischen Ski-Clubs (VSC) Klingenthal. Ziron wird am 21. April vorm Klingenthaler Landrat das dreigliedrige Betreiberprojekt (Sport, Kultur, Tourismus) nach dem Vorbild des legendären Holmenkollen bei Oslo darlegen. Bis dahin verhandelt er mit renommierten Sponsoren, darunter ist auch das weltbekannte Unternehmen Microsoft. Wenn alles planmäßig läuft, wird im August 2005 die rund acht Millionen Euro teure Großschanze fertig gestellt sein und den Weihesprung erleben. Im Dezember 2005 ist dann ein Weltcup-Skispringen geplant. Für die vogtländische Region mit einer Arbeitslosen-Quote von 20 Prozent auch wirtschaftlich ein Hoffnungsschimmer...

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