- Kultur
- „Der verlorene Soldat“ von R. Kerbosch
Nur halb befreit
Dem Pfarrer, der da 1945 im eben befreiten friesischen Dorf seine Predigt zwar in der Sprache der Befreier, die anschließende Warnung vor dem Hormonstau der Soldaten aber lieber in holländisch hält, wäre eine Beziehung wie diese sicher gänzlich unvorstellbar, und selbst der freizügigeren Phantasie von Drehbuchautoren ist sie höchst selten entsprungen: Walt, der kanadische Soldat, hat nämlich ein Auge auf den Holländer Jeroen geworfen, und um für das fromme Dorf das Maß an Unmoral übervoll zu machen, ist auch noch Pädophilie im Spiel, denn Jeroen ist ein gerade mal 12jähriger Knabe!
Das klingt nun nach einem moraltriefenden Rührstück, wenngleich mit umgekehrten, „schwulen“ Vorzeichen. Doch nichts dergleichen ist Roeland Kerboschs Film. Kein anklagendes Jammern über die bornierte Gesellschaft, die Glück und Erfüllung nur Hetero-Paa-
ren zugesteht, aber auch kein blauäugiges Verkleistern der Konflikte, die eine Liebe wie die zwischen Walt und Jeroen allemal aushalten muß, und selbstredend - schon gar nichts von der Schlüpfrigkeit so manchen „Sittenromans“, den angeblich das Leben schrieb.
Ein Grund: Diese Geschichte schrieb wirklich einmal das Leben, das des Autors Rudi van Dantzig nämlich, nach dessen autobiografischem Roman Kerbosch sein Drehbuch erarbeitete. Ohne den jungen Hauptdarsteller Maarten Smit aber, der alle Nuancen zwischen pubertärer Unsicherheit und selbstbewußtem Glücksstreben fast wie ein routinierter Profi darzustellen versteht, wäre Kerboschs Film wohl doch gescheitert. So aber hätte man auf “die Rahmenhandlung getrost verzichten können, die kaum mehr bietet als eine dürftige Nebenrolle für Hollands Weltstar Jeroen Krabbe.
HANS-GÜNTHER DICKS
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