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Neonazi-Szene greift in Solingen-Prozeß ein

Statt Plädoyers Vernehmung von „Zeugen“, die nach Hörensagen Gerüchte kolportieren

  • Lesedauer: 2 Min.

Von ULRICH SANDER, Solingen

Was müssen Neonazis tun, um die Spekulationen ihrer weithin unbeachteten Blätter über den fünffachen rassistischen Mord von Solingen in das Prozeßgeschehen und in die Medien einzubringen? Wie einfach das geht, weiß man seit den jüngsten beiden Verhandlungstagen vorm Oberlandesgericht Düsseldorf: Ein Leser, der Wetzlarer Frauenarzt Dr. Wolfgang Bohn, teilte die Lesefrüchte aus dem Blatt „Deutschland - Schrift für neue Ordnung“ schriftlich dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Steffen mit. Dieser lud dann den Briefschreiber, der als Verteiler rechtsextremer Flugblätter aufgefallen ist, als Zeugen vor und den „Schriftleiter“ des Blattes, Oberstudienrat in Ruhestand Ernst Günter Kögel aus Remscheid, gleich mit.

Nun konnte erneut eine Veranstaltung losgehen, die zweierlei deutlich machte: Die höchsten Stellen der alt- und neonazistischen Szene springen ihren angeklagten Jüngern

scheidt, der von „einer Dame gehört haben will, daß deutsche Männer von türkischen Männern gehindert wurden, beim Brand in der Unteren Wernerstraße zu löschen und zu helfen.

Gestern wurde nun nach der Dame gefahndet und der Prozeß bis zu ihrem Eintreffen unterbrochen. Bekannt wurde über sie, daß sie Gabriele Sawitzke heißt und zur Tatzeit in der Schweizer Str. 2, gleich um die Ecke wohnte. Vorsichtshalber sagte Zeuge Benscheidt, daß auch Frau Sawitzke nichts wisse, sondern es nur von einer Nachbarin gehört habe. Daraufhin werden nun beide Damen gesucht...

Für Köpel war es übrigens sein zweiter Auftritt vor diesem Oberlandesgericht. 1992 hatte es ihn zu 12 600 DM Geldstrafe verurteilt, weil er öffentlich den Holocaust geleugnet hatte. Der

Pensionär hat eine Fülle rechtsextremistischer Funktionen neben der des „Schriftleiters“ seiner von einer „Vereinigung gesamtdeutsche Politik“ herausgegebenen Zeitschrift. Er ist Chef des Trägervereins des „Bundes Heimattreuer Jugend“, wo seine Söhne die Jugendführer spielen. Er macht mit bei der Initiative zur „Förderung Kulturtragenden Schrifttums“ und im Vorstand der neurechten Denkfabrik „Collegium Humanum“. Für das kommende Wochenende plant er ein Lesertreffen seiner Zeitschrift für „Neue Ordnung“. Vielleicht werden dann neue Leserzuschriften an Richter Steffen ausgeheckt? Denn der will noch bis Ende September das endlose Verfahren hinziehen und scheint geneigt, immer neue Zeugenaussagen „vom Hörensagen“ in die seit Juli laufenden Plädoyers einzustreuen.

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