Docter übernahm sich bei der Einheit
Optic-Gruppe beantragte Konkurs / Alarm für 700 Beschäftigte in Thüringen Von PETER LIEBERS
Die Unternehmensgruppe Docter-Optic mit Betrieben in Wetzlar, Saalfeld, Eisfeld und Schleiz hat gestern Konkursantrag gestellt. Das vom Land Thüringen und einer Bankengruppe aufgelegte Sanierungskonzept sei gescheitert, hatte die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) bereits zuvor mitgeteilt. Damit sind 1000 Arbeitsplätze in Gefahr.
In Thüringen, wo Docter-Optic nach der deutschen Vereinigung drei Betriebe aus dem Zeiss-Kombinat und eine Glashütte in Gehlberg von der Treuhand gekauft hatte, sind 700 Arbeitsplätze betroffen. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) haben die Betriebsräte gefordert, einen Runden Tisch zur Zukunft der Betriebe einzuberufen. Im Thüringer Wirtschaftsministerium schrillten die Alarmglocken. Auf einer Krisensitzung mit Vertretern der Docter-Geschäftsleitung, Industriepartnern des Unternehmens und Banken war zunächst beschlossen worden, die Produktion fortzusetzen.
Parallel wollte man „weitere Lösungsansätze“ prüfen.
Im vorigen Jahr soll Docter-Optic unbestätigten Informationen zufolge bei einem Umsatz von 66 Millionen Mark Verluste in zweistelliger Millionenhöhe gemacht haben. Als Ursachen für das Scheitern des Rettungsversuchs nennt die Helaba das Nichterreichen der Umsatzziele, die Fehleinschätzung der Marktposition und eine erhebliche Unterkapitalisierung. Der nicht tarifgebundene hessische Unternehmer hatte sich eine Zeitlang auch damit zu retten versucht, daß er die Zahlung der zehn Prozent unter dem Me-
talltarif liegenden Löhne oft Wochen hinauszögerte.
Wie groß das Finanzloch ist, machen die im Zusammenhang mit dem Sanierungskonzept genannten Zahlen deutlich. Danach sollte Thüringen auf Forderungen von 30 Millionen Mark verzichten und über seine Industriebeteiligungsgesellschaft weitere 12 Millionen Mark flüssigmachen. Außerdem waren weitere Landesbürgschaften sowie Zinsverzichte, Zinsstundungen und Forderungsrücktritte der Banken in Höhe von 11 Millionen Mark vorgesehen.
Noch vor Wochen hatten alle Beteiligten darauf gehofft, daß die österreichische Swarovski-Gruppe 49 Prozent der Firmenanteile übernimmt und das angeschlagene Familienunternehmen rettet. Die Tiroler stiegen aber aus den Verhandlungen aus.
Die Unternehmerfamilie Docter hat sich mit ihrem Ost-
Engagement offenbar reichlich übernommen. Sie investierte in die Thüringer Betriebe rund 120 Millionen Mark und brachte über 20 Neuentwicklungen auf den Markt. Ihr Produktionssortiment ist in wichtigen Bereichen wie Ferngläsern und Zielfernrohren jedoch mit harter Konkurrenz konfrontiert. Docter hatte zunächst versucht, seine Produkte auf Messen mit dem Zusatz „früher Carl-Zeiss-Jena“ auszustellen. Das wurde ihm aber von der Konkurrenz sehr schnell gerichtlich untersagt.
Die größten Überlebenschancen werden dem Schleizer Docter-Betrieb zugeschrieben. Hier arbeitet die weltweit modernste Anlage für blank gepreßte asphärische Linsen. Sie war 1992 in Betrieb genommen worden. Ein Aufwärtstrend ist nach Aussagen des Betriebsrates auch in Saalfeld erkennbar, wo 60 Millionen Mark investiert wurden.
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