Insolvenz: Was ist bei der Forderungsanmeldung zu beachten?

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Was bei einer Forderungsanmeldung zu beachten ist, soll an einem Beispiel erläutert werden.
Ein Tischlermeister hat im Auftrag einer Baufirma in ein Einfamilienhaus eine Holztreppe eingebaut. Statt der Bezahlung erhält er jedoch vom Insolvenzverwalter die Mitteilung, dass über das Vermögen der Baufirma Insolvenz eröffnet wurde und er seine Forderung innerhalb einer genannten Frist (die zwischen 2 Wochen bis zu 3 Monaten liegen kann) anmelden soll. Was soll er tun?

Forderung ist zu begründen
Der Tischlermeister muss seine Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter - nicht beim Gericht - zunächst schriftlich anmelden und sie auch begründen. Es reicht also kein Anruf oder die bloße Übersendung seiner Rechnung. Hat er bereits einen Titel (also ein Urteil, Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid) über seine Forderung, begründet dieser den Anspruch ausreichend. Sonst muss er den Werkvertrag über den Treppeneinbau (Auftrag), die Abnahmebestätigung und seine Rechnung beifügen.
Immer muss er die Höhe der Forderung benennen. Sie ergibt sich aus 3 Elementen, nämlich aus der Hauptforderung, den Kosten einer eventuellen Rechtsverfolgung und den Zinsen bis zur Stellung des Insolvenzantrags. Besonders die richtige Zinsberechnung bereitet manchmal Schwierigkeiten. Zum einen wechseln zwei Mal jährlich die Zinssätze, vor allem errechnen aber die Computerprogramme die Zinsen meist bis zum Tag des Ausdrucks. Das kann zum vorläufigen Bestreiten der gesamten Zinsforderung durch den Insolvenzverwalter führen.
Sollte der Tischlermeister schon vor diesem Schreiben etwas von der Insolvenzanmeldung gehört und seine Forderung gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter oder dem Gericht geltend gemacht haben, sollte er das jetzt nach dem Eröffnungsbeschluss jedenfalls wiederholen. Seine bisherigen Aktivitäten waren unnötig und sind rechtlich auch nicht wirksam. Es ist daher unsicher, ob seine Forderung im Verfahren berücksichtigt wird.

Unbedingt öffentliche Bekanntmachung verfolgen
Andererseits kann sich der Mann jedoch nicht darauf verlassen, die Aufforderung zur Forderungsanmeldung überhaupt zu erhalten. Dazu ist der Verwalter nämlich nicht verpflichtet. Er muss daher die öffentlichen Bekanntmachungen in den dafür vorgesehenen Tageszeitungen oder im Internet verfolgen. Das ist ihm bei Schuldnern mit überfälligen Forderungen, von denen er lange nichts mehr gehört hat, auch dringend zu raten.
Bei Lohn- und Gehaltsforderungen ist zu unterscheiden zwischen dem Insolvenzausfallgeld, das der Arbeitnehmer für die letzten drei Monate ab Insolvenzanmeldung vom Arbeitsamt erhält, und dem weiter zurückliegenden Lohn, der Insolvenzforderung ist - und daher angemeldet werden muss. Der Insolvenzverwalter hat ein ordentliches Kündigungsrecht, dessen Frist sich nach dem Arbeitsvertrag bzw. Gesetz richtet, maximal aber drei Monate beträgt. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist zu unterscheiden, ob die Arbeitsleistungen vom Insolvenzverwalter weiter beansprucht werden, z.B. weil er den Betrieb fortführt. Ist das der Fall, sind Lohn- und Gehaltsforderungen Masseschulden, also vorrangig und voll zu bezahlen. Anderenfalls sind sie zwar auch aus der Masse zu zahlen, reicht diese aber nicht, muss die Forderung ebenso wie ein Schadenersatzanspruch, der wegen der Kündigung entstehen kann, als Insolvenzforderung angemeldet werden. Günstiger stehen Forderungen aus Sozialplänen, die immer Masseschulden sind.
Versäumt der Tischlermeister dagegen die im Eröffnungsbeschluss oder ihm vom Verwalter mitgeteilte Frist für die Anmeldung, schadet das nicht viel. Im ungünstigsten Fall, also wenn die Anmeldung erst sehr spät erfolgt, muss er allerdings die Kosten tragen, die dadurch entstehen, dass eine weitere Gläubigerversammlung einberufen werden muss.

Eintragung in die Insolvenztabelle
Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es, die angemeldeten Forderungen zu prüfen und in eine Tabelle einzutragen. Leider hat er nicht die Pflicht, die Gläubiger über die Eintragung auch zu unterrichten. Die meisten Verwalter tun das jedoch. Anderenfalls kann man in die Tabelle einsehen, die alsbald nach Ablauf der Anmeldefrist beim Insolvenzgericht ausliegt. Hat der Verwalter oder ein Gläubiger Zweifel an der Begründung einer Forderung oder hinsichtlich ihrer Höhe, wird diese als »vorläufig bestritten« in die Tabelle aufgenommen. Es ist dann Sache des betroffenen Gläubigers, den Zweifel auszuräumen. Notfalls muss er den Insolvenzverwalter auf Aufnahme seiner Forderung in die Tabelle verklagen.
Ein Widerspruch des Schuldners hat zwar auf die Eintragung in die Tabelle keine Wirkung. Er kann jedoch sinnvoll sein, weil nach Abschluss des Verfahrens dann nicht ohne weiteres die Zwangsvollstreckung wegen der bestrittenen Forderung erfolgen darf.
In einer Gläubigerversammlung (dem sog. Prüfungstermin) werden dann nur noch die bestrittenen und nachträglich angemeldeten Forderungen erörtert.
Wurde die Forderung unseres Tischlermeisters in die Tabelle eingetragen, gilt sie als festgestellt. Die Eintragung entspricht einem rechtskräftigen Urteil, das in Gestalt eines Auszugs aus der Tabelle nach Abschluss des Verfahrens auch in seine Hände kommt. Daraus kann er dann vollstrecken. Das ist regelmäßig jedoch nur bei der persönlichen Haftung des Unternehmers Erfolg versprechend.
Der Tischlermeister kann jedoch auch mehr erhalten als die Quote, wenn nämlich die Treppe noch nicht eingebaut wurde und er den üblichen Eigentumsvorbehalt vereinbart hatte. Dann erhält er als Aussonderungsberechtigter die Treppe zurück (vielleicht ein Pyrrhussieg, denn was soll er mit der maßgeschneiderten Treppe).

Eigentumsvorbehalt vereinbart
Wenn er einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart hat, d.h. wenn an Stelle des durch den Einbau verlorenen Eigentumsrechts die Forderung der Baufirma gegen den Bauherren zur Sicherheit seiner Werklohnforderung an ihn übergegangen ist, wäre er absonderungsberechtigt, d.h. er erhält die Zahlung des Bauherren, wenn auch mit Abstrichen und auch nur unter der Voraussetzung, dass der nicht bereits an die Baufirma gezahlt hat.

Prof. Dr. Arthur KÖHLER

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