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für Walesa

Präsidentenwahl in Polen ist offen

  • Lesedauer: 2 Min.

Von JULIAN BARTOSZ. Wroclaw Am Sonntag entscheiden die Wähler im zweiten Wahlgang, wer künftig an der Spitze des polnischen Staates stehen wird.

Als am Mittwochabend die beiden Stichwahl-Kandidaten in die zweite Runde ihres Fernsehduells gingen, stand bereits fest: Das beim ersten Wahlgang aufgesplitterte ehemalige „Solidarnosc“-Lager hat sich erwartungsgemäß konsolidiert. Die Union der Freiheit rief Jacek Kurons Wähler (fast 10 Prozent) auf, für Präsident Lech Walesa zu stimmen. Jan Olszewski (knapp 7 Prozent) und Hanna Gronkiewicz-Waltz (um 3 Prozent) spornten ihre Wählerschaft gegen Aleksander Kwasniewski (SLD) an.

Polen drohe die Wiederholung einer „Monopartei“, wenn jetzt auch noch einer „von denen da“ zum Präsidenten gewählt würde. Zudem habe er dazu gelernt und werde die Fehler seiner ersten Präsidentschaft in den nächsten fünf Jahren zu meiden wissen.

Sollte Kwasniewski dennoch gewinnen, so plane er die Beteiligung an der Zusammenstellung von „Weißbüchern“ über die Verbrechen der Parteisekretäre, bis hinunter in die Gemeinden, aber auch über die „roten Spinnennetze“ der alten Nomenklatura, die heute in der Wirtschaft das Volkseigentum zusammenraffe. Und dann könnte es zu einer zweiten „Oktoberrevolution“ kommen.

Dieser „Zucker- und Peitsche“-Taktik setzte Kwasniewski sachliche Argumente zur Wirtschafts-, Sozial- und Selbstverwaltungspolitik entgegen, denn darum sollte es an diesem Abend ja gehen. Er nannte Zahlen, konkrete Maßnahmen und Vorhaben der Regierung und Koalition und verteidigte leidenschaftlich sein Demokratieverständnis. Sei es es nicht charakteristisch, fragte er, daß im Falle eines Kwasniewski-Sieges alle befürchten, daß Herr Walesa Chaos auf den Straßen und in den Betrieben lostritt, ja eine zweite „Oktoberrevolution“ voraussagt niemand aber auf den Gedanken kommt, nach einem Walesa-Sieg könnte die SLD-Allianz ebenfalls verrückt spielen?

Der Herausforderer wirkte jedoch eine wenig blasser, als in der ersten Runde. Im Vergleich zu den saftigen, aber diesmal ruhigen Sprüchen des ehemaligen Arbeiterführers dürfte seine Eloquenz wohl weniger jene überzeugt haben, die er zusätzlich für sein Wahlprogramm gewinnen wollte. Und darum ging es ja hauptsächlich bei diesem politischen Streit kurz vor der Stichwahl.

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