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  • Kultur
  • „neue brücke“ ehrte Hindemith in der Berliner Stadtbibliothek

Stimmungsvolle Blasmusiken

  • Lesedauer: 3 Min.

In Berlin, der Stadt seines langjährigen Wirkens, sind die Ehrungen Paul Hindemiths zu seinem 100. Geburtstag zahlreich. Möge sich solche Intensivität und Vielfalt der Pflege seines (Euvres über das Jubiläum hinaus erhalten. Die Berliner „neue brücke“, ständig um Verbindungen zwischen Musik, Bildender Kunst und weiteren Künsten bemüht, würdigte Hindemith auf ihre Weise: Sie zeigte den Komponisten bei ihrer Gedenkveranstaltung in der Berliner Stadtbibliothek auch als launigen Illustrator eigener Noten. Motto des Abends: „Mathis, ein Maler“. Komponist Kurt Dietmar Richter, der in seiner Reihe auch als Moderator die verbindenden Fäden knüpft, verwies auf Hindemiths gleichnamige, den Nazis mißliebige Oper über Matthias Grüne-

wald, den Schöpfer des Isenheimer Altars, und die Mathis-Sinfonie, die bekanntlich 1934 zu Auseinandersetzungen mit den Nazis führte.

Neben Tonkonserven prägte Musik für Bläserquintett den Abend. Das Schaffen Hindemiths wurde in den Kontext nachfolgender Entwicklungen gestellt. Von ihm selbst war mit der exzellenten jungen Kammervereinigung Berlin um Flötistin Iris Jess, Bundeswettbewerb-Preisträgerin, die Kleine Kammermusik für 5 Bläser op. 24 b (1922) zu erleben: ein lyrisches Stück von launiger Spielfreude. Gastgeber K. D. Richter wurde durch Hindemiths für mechanische Orgel komponiertes „Triadisches Ballett“ inspiriert. Richter zitierte und variierte daraus Themen. Zu Beginn findet man eine unverkennbare Hinde-

mithsche Diktion, die z.B. der Instrumentation im zuvor gehörten Originalwerk ähnelt. An dem viersätzigen Stück („Triade ä cinq“) besticht die kluge Balance der Stimmungen, das Ausschöpfen der Farbwerte der vier Holzblasinstrumente und des Horns.

Die gleiche Besetzung hat Hans-Joachim Geisthardt bedient. Der Berliner Komponist - kürzlich vollendete er sein siebtes Lebensjahrzehnt - hat seine „Drei Stücke für Bläserquintett“ 1962 geschrieben. Wenn er wohl auch nicht bewußt an Hindemith anknüpft, glaubt man doch, dessen Einfluß herauszuhören. Das kleine Bläserquintett schöpft die Möglichkeiten der Besetzung voll aus, gibt sich musizierfreudig in den Ecksätzen bei großer Zartheit im Mittelteil.

Geisthardt schilderte, wie er nach 1945 die einst verbotene progressive Musik dieses Jahrhunderts von Bartök, Hindemith, Strawinsky, Milhaud begierig in sich aufnahm. Am 29 November wird von ihm im Berliner Kunstgewerbemuseum eine neue Komposition für Alt, Streichtrio und Cembalo zu hören sein.

Sechs effektvolle Bagatellen von György Ligeti aus Zeiten, als er noch stärker an Traditionen und wohl auch Folklore anknüpfte, folgten danach. Klanglich reich, nicht nur im lautmalerischen Sinne, die „Musik für hinwegziehende Vögel“ des Letten Peteris Vasks, der im kommenden Jahr 50 wird. Ein runder Konzertabend, bei dem wieder geschickt Brücken zu anderen Künsten geschlagen wurden.

LUCIE WALTER

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