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Es fehlen mir die pathetischen Gebärden

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Wie Heinrich Heine, von dem diese Gedichtzeile stammt, war ihm jegliches Pathos fremd. Für Reiner Bredemeyer galt der klare Gedanke, galt die kluge Sicht auf Widersprüche seiner Umwelt als Inspiration. Einer politischen Kunst, die ästhetisch sensibel und zugleich attackierend gesellschaftliche Mißstände souverän bloßlegt, darin dem vielfach vertonten Dichter verwandt. Auf die künstlerische und politische Souveränität des zu Beginn dieses Monats verstorbenen Komponisten machte eine Gedenkveranstaltung im Musikclub des Berliner Konzerthauses eindrucksvoll aufmerksam. Keine Klage war hier zu erleben, sondern der Humor und die ironische Raffinesse eines gewitzten Kritikers, der sich stets auf der Höhe der Zeit mit

seinen Produktionen befand. Ganz persönlich wurde das Programm von Freunden, Kollegen und nahestehenden Musikern gestaltet: Ein psychisches Porträt Reiner Bredemeyers in Musiken und Rezitationen.

Es entstand in drei köstlichen Instrumentalmonologen, die den jeweils spezifischen Sound und die charakteristische Gestik auskosten: „Solo 8 für Friedrich Schenker und Po(e)saune“ (1982) - von diesem selbst prachtvoll vorgetragen - ist ein deftiger Spaß in vielerlei klingenden Artikulationen und gesprochenen englischen Wortfetzen, der das Instrument und den Musiker in einer Art hintergründigem Selbstgespräch präsentiert. Sanfter und launig-virtuos variiert das „Solo 7 für Flöte(n)

und Werner Tast“ (1982) von dunklem Alt bis zu schrillen Pikkoloklängen (ebenfalls vom Widmungsträger gekonnt vorgetragen). Melodisch anheimelnd, aber zugleich verschmitzt und skurril ist die „Instrumentalrede“ der „Ein-Horn-Musik“ (1988), die von Sebastian Weigle geblasen wurde.

Die Rezitationen von Texten Bredemeyers - verlesen zwischen den klingenden Beiträgen durch Georg Katzer, Werner Tast, Bert Bredemeyer, Gerhard Müller, Frank Schneider - brachten den Sprachkenner und Fabulierer, den unbequemen Kritiker und schlagfertigen Polemiker nahe. Die Lust an geistvollen Wortspielen und Parodien, aber auch tiefe Bitternis, vor allem

über politische Kleinkrämerei, waren da am Zuge.

So, wenn die althergebrachten Westberliner Straßen- und Ortsnamen aufs Korn genommen werden oder wenn die Hymne vom Brandenburger Land als „Lied der Alteigentümer“ verspottet wird. Sarkastische Ironie spricht aus Texten wie einem Schreiben an den Bundespostminister mit unorthodoxem Antrag für die Ausgabe einer Briefmarke für den Liederdichter Wilhelm Müller oder aus der „Bad-Kleinen-Ballade“ mit der GSSG-Komposition „Geistliche Chormusik 1“ Bredemeyer hat deutsche Zustände seismographisch reflektiert und kommentiert. Hinter seinem (nicht selten sarkastischem) Humor scheint Bitternis durch. Das gilt wohl auch für die Oper „Can-

dide“ nach Voltaire, aus der Librettist Gerhard Müller eine Szene vorlas.

In diesem gedanklich-kritischen Kontext wirken fünf „Heine-Lieder“ (1972/74, 1995) in schlicht-lyrischer aber auch songhaft scharfer Diktion voll bitterer Tragik. Maria Husmann (Gesang) und Majella Stockhause,n (Klavier) boten sie in konzentrierter, anrührender Gestaltung, machten neugierig auf die vielen noch unbekannten Liedvertonungen Bredemeyers.

Der Schluß gehörte der Jugend: „Null Problemo, für A+F“ (1989), ein hübsches Duo, von Anne Müller und Friedrich Suckel in schlichtem und fröhlichem Dialog gespielt. Eine Hoffnung für die Zukunft von Bredemeyers Musik?

LIESEL MARKOWSKI

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