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Das blaue Wunder heißt Mauritius

Tropisches Idyll mit 160 Kilometern weißem Strand und ohne Massentourismus

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Schornsteine ließ man stehen, aus Angst vor den Unglücksgeistern, die jeden bestrafen, der einen Turm fällt. In Curpipe, ziemlich in der Mitte der Insel kurz vor der Hauptstadt Port Louis gelegen, steige ich aus dem Linienbus. Es ist später Nachmittag. Aus einer Textilfabrik im ersten Stock über einer rasend lauten Taverne sprudeln braune, schwarze, weiße und gelbe Schönheiten, allesamt in leichte knallbunte Seide gekleidet. Rote Drachen auf regenbogen- farbenen Kimonos wechseln mit weißen und hellgrünen Spitzenkleidern. Die Mädchen kichern wegen meiner Kamera, für die Frauen mit dem roten oder grünen Ehe-Punkt zwischen den Augen bin ich Luft.

Der Friseur hinter Wellblechlatten trocknet sich nebenan die Hände und tritt mit seinem halbrasierten Kunden vor die Tür- „Don't shoot the wrong ones!“ raunt er mir warnend ins Ohr. Ein guter Tip, denn die Muslime, die immerhin 16 Prozent dieser kosmopolitischen englisch-französisch-kreolischen Insel ausmachen, schätzen fotografische Ablichtungen ihres Glaubens wegen gar nicht.

Als ich mich umdrehe, steht ein dunkelbrauner Kleiderschrank vor mir- Gul, der Taxifahrer, weiß genau, daß ich den letzten Bus zum Hotel verpaßt habe. Mit seinem Morris-Oldie von 1962, geschmückt mit Allah-Aufklebern über zahllosen Roststellen, schaukeln wir zum Royal Palm-Hotel an der Westküste.

Am nächsten Morgen steht Gul breit grinsend mit seiner Rostlaube vor dem Hotel. „Du weißt doch: Taxi ist billiger als Leihwagen! Kleiner Ausflug gefällig? Markt von Port Louis mögen solche Leute wie Du!“ Wir feilschen um den Preis und einigen uns auf 1000 Rupien (85 Mark) für den ganzen Tag.

Die Fahrt ist informativer als jeder Reiseführer: -,;Weißt du, warum hier heute keine einzige Nutte rumsteht?“ - Ich wußte nur, daß Prostitution verboten ist in der Insel-Republik. „Die haben rausgekriegt, daß du Journalist bist. Und wir sind sauber hier auf Mauritius!“ Er lacht sich fast tot und winkt mangels Blinker mit dem rechten Arm aus dem Fenster

Der Markt von Port Louis swingt: Die reinste Tomatenschlacht, verziert mit Mangound Lycheesprenkeln, Vanille,

Tee- und Tiger-Balsam-Narkotika. Mr Naiken mitten im Halbdunkel bietet mehrsprachig abenteuerliche, aber „lOOprozentig wirksame“ Potenzmittel an. Er klatscht in die Hände und rauft sich die in voller Manneskraft ergrauten Haare. Neben ihm lächelt die schönste 70jährige des indischen Ozeans das gütigste und nachsichtigste Lächeln der südlichen Hemisphäre.

Naiken's Schwager Trouthier hat einen Klamottenstand in der Markthalle. Geschworen hatte ich mir, nichts zu kaufen. Nach zwei Stunden verlasse ich das bunt-laute Duft- und Sinnenspektakel mit zwei Seidenkimonos, drei kolibriverzierten Hemden, fünf Safranund drei Vanille-Säckchen und einer neuen Reisetasche. Kostenpunkt für alles zusammen: 900 Rupien (72 Mark).

Die Strand-Pfleger des Hotels verdienen rund 300 Mark im Monat, ein Drittel mehr als die Zuckerrohrarbeiter, die sechs Tage die Woche in ohrenbetäubendem Lärm und Temperaturen von fast 40 Grad den süßen Exportschlager Zucker aus dem Getreide pressen. Dennoch ist Armut ä la Zentralafrika unbekannt, die Arbeitslosenquote ist fast null, und 60 Prozent aller Mauritianer wohnen dank eines Wohnungsbauprogrammes der Inselregierung im eigenen Haus. t (Wenn,.das Versprechen .des Tourismusministers eingehalteh wird, den Massentourismus von der Insel und ihren Menschen fernzuhalten, dann bleibt Mauritius ein tropisches Idyll mit 160 Kilometern schneeweißem Sandstrand, den keine Katamaran-Rum-Beauty-Werbung auch nur annähernd zu beschreiben ver-

mag. JÜRGEN GUTOWSKI

Information: Mauritius Informationsbüro, Hohenwaldstr. 10, 61449 Steinbach/Taunus, Tel. 06171/980354, Fax: 980652.

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