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  • Politik
  • Theodor Rosenhauer - Zum Tode des Dresdner Malers

Botschaft aus einer stillen Welt

  • Dietmar Eisold
  • Lesedauer: 4 Min.

»Frau auf Stuhllehne gelehnt« - ein etwa 1935 entstandenes Gemälde

Foto: Archiv

Andacht war eines der Hauptworte in der Kunst Theodor Rosenhauers. Freilich nicht in einem religiösen, wohl aber in einem durch und durch spirituellen Sinne. Er liebte die Geschöpfe und die Produkte ihrer Arbeit und klagte - wo nötig - Aufmerksamkeit und Achtung für sie ein. Nicht mit lauter Stimme oder kämpferischer Attitüde, wohl aber mit seiner Kunst. Am 14. Juni ist der Dresdner Künstler, wie seine Familie jetzt mitteilte, nach längerem Krankenhausaufenthalt in Berlin gestorben.

Ein paar mal habe ich ihn getroffen und mit ihm gesprochen - in Ausstellungen. Erst in Berlin, in der Akademie-Galerie im Marstall, und dann noch einige Male in Dresden. Es waren immer freundliche Gespräche, aber ein von mir gewünschter Atelier-Besuch kam nicht zustande. So blieb mir immer nur zugänglich, was er aus seinem schier unerschöpflichen Atelierfundus hin und wieder der Öffentlichkeit präsentierte.

Theodor Rosenhauer gehörte nicht zu den Malern, die ihr Publikum mit komplizierten Bildstrukturen und geheimnisvollen Figurationen mehr auf die Denk-

schiene schoben. Er forderte die Anstrengung der Sinne auf andere Weise. Sicher haben die Augen dabei den wichtigsten Part, aber allein mit dem Hinsehen erschließt sich höchstens die kostbar gemalte Oberfläche. Tiefer hinein in die Bildwelt, zur Einsicht, zum Sinn seiner Bilder, kommt man nur, wenn man sich diesen weltlichen Ikonen ganz hingibt.

Es war immer eine stille Welt, die er gestaltete. Das dramatische Fach war seine Sache nicht. Die Stilleben der letzten Jahre mit ihren immer wiederkehrenden schlichten Gegenständen sprechen beredt davon. Es ist wohl kein Zufall, daß er darin hauptsächlich das aus Urzeiten stammende Motiv von Brot und Wein variierte. Bei den mehlbestäubten Broten mit ihrer goldgelben Knusperkruste ist der ofenfrische Duft gleichsam mitgemalt - das Phänomen, daß Malerei gleichsam auch Nase und Gaumen anzuregen vermag, habe ich nur noch bei den Stilleben der alten Niederländer gefunden.

Theodor Rosenhauers Kunst hat viel mit ihnen zu tun. Namentlich auf Rembrandts späte, durchgeistigte Porträts wäre hier zu verweisen. Es geht da freilich nicht um eine motivliche oder formalgestalterische Verwandtschaft. Sie findet sich im geistigen Ansatz, im profan-spirituellen Weltverhältnis und im Kunst-

verständnis. Genaugenommen sind die zahlreichen Ansichten der Dresdner Vororte wie etwa Radebeul, Lößnitz und Alttrachau mit ihren alten Häusern alles andere als Stadt- oder Dorflandschaften es sind Porträts menschlicher Lebensräume.

Wie tief erfühlt, ja verinnerlicht dieses heimische Refugium Theodor Rosenhauers war, spürt man im Vergleich dieser Bilder mit denen aus Nessebar und Sosopol. Es ist nicht unbedingt Distanz, die man da fühlt, eher ist es ein konstatierendes Aufnehmen der fremdländischen Motive, die kostbar und sonnig gemalt sind und dennoch nicht hinter die Fassade kommen.

Nach einem so langen Leben und bei seinem sprichwörtlichen Fleiß hinterläßt Theodor Rosenhauer ein umfangreiches Werk. Der Katalog der Akademie-Ausstellung von 1986 verzeichnet allein rund 400 Gemälde. Dazu kommen noch Aquarelle, Zeichnungen, Studien und Skizzen sowie einige Druckgrafiken. Obwohl der am 8. Mai 1901 geborene Künstler nach der Schulzeit in einer lithographischen Anstalt gearbeitet hat, ist seine Neigung zur Grafik offenbar nie besonders ausgeprägt gewesen. Ihn zog es mehr zur Farbe. In der Klasse von Ferdinand Dorsch, einem Meisterschüler des Impressioni-

sten Gotthard Kuehl, an der Akademie für Bildende Künste in Dresden wurden die Grundlagen gelegt.

Nach dem Studium, ab 1924, war Theodor Rosenhauer als freier Maler in Dresden tätig. Die Berufung zum Hochschullehrer wurde 1935 vom NSDAP-Oberbürgermeister Dresdens abgelehnt. Von 1940 bis 1945 mußte der Künstler zur Wehrmacht einrücken. Als er 1945 nach Dresden zurückkehrte, fand er sein gesamtes Frühwerk vernichtet. Im Inferno des 13. Februar 1945 versank auch sein Atelier in den Flammen.

Die biographischen Notizen nach 1947 sind dürftig. Öffentliche Ehrungen sind

verzeichnet, die Reisen nach Bulgarien und Griechenland - mehr nicht. Der Künstler, der sehr zurückgezogen lebte, wurde zum Ehrenmitglied der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg gewählt. In welchem Umfang seine Bilder mit ihrer zutiefst humanistischen Botschaft ihren Platz in den großen Sammlungen in Berlin, Dresden, Frankfurt/Oder, Halle, Leipzig, Rostock, Chemnitz, Schwerin und Weimar behalten werden, hängt von den neuen Leitungen ab. An diesem Freitag soll in Moritzburg bei Dresden eine Ausstellung mit über 70 Werken des Meisters der »vollkommenen Malerei« eröffnet werden.

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