Mielke-Äußerung zum »Schießbefehl«
Prozeß Protokoll soll die Existenz belegen
Berlin (dpa/ddpADN/ND). Im Prozeß gegen die Mitglieder des SED-Politbüros ist am Montag erneut über die Existenz eines Schießbefehls an der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze verhandelt worden. Auslöser war eine 1973 in einem Protokoll wiedergegebene Äußerung von MfS-Chef Erich Mielke, die von der Staatsanwaltschaft dem Berliner Landgericht vorgelegt wurde. Im Hinblick auf die Sicherheitslage vor den Weltjugendfestspielen in Ost-Berlin soll Mielke da,mals gesagt haben: »Der Schießbefehl wird natürlich nicht aufgehoben. Wir wollen aber nicht, daß jemand erschossen wird. Aber wir müssen vorbeugend so arbeiten, daß uns nichts passiert; daß wir nicht erst schießen müssen.«
Der ehemalige DDR-Vizeverteidigungsminister Fritz Streletz, der an der
damaligen Sitzung teilgenommen hatte, konnte sich als Zeuge im Prozeß nicht erinnern, ob sich Mielke so äußerte. Streletz betonte erneut, daß es keinen Schießbefehl für die DDR-Grenztruppen gegeben habe. Die Soldaten hätten gemäß der DDR-Verfassung den Gesetzen und Schußwaffengebrauchsbestimmungen gehandelt. Danach sei die Anwendung der Schußwaffe nur als letztes Mittel zur Festnahme erlaubt gewesen.
Nach Angaben von Streletz durfte »nicht jedes Wort von Mielke auf die Goldwaage« gelegt werden. Diesem seien im Berliner Dialekt oft »Begriffe und Worte herausgerutscht, die nicht für die Presse bestimmt waren«. Es sei möglich, daß Mielke den vom Westen geprägten Begriff Schießbefehl in der Sitzung einfach übernommen habe.
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